Die Exhumierung der Magda Fietich

Endlich ist es soweit! Die düstere und furchterregende Erzählung Die Exhumierung der Magda Fietich ist bei Books on Demand erscheinen.

124 Seiten mit Illustrationen von Frank Spatzier. Voraussichtlicher Verkaufspreis: 6,99 Euro – ein Schnäppchenpreis für den gruseligen Horrorschocker mit Tiefgang!

Buch

Ein düsterer Friedhof, darauf zwei unheimliche Antagonisten: der Totengräber und der Totenheber. Es erfolgt die gespenstische Öffnung eines Grabes und die Exhumierung der Magda Fietich, von der noch vieles nicht gestorben war. Dann die mystische Wandlung während eines außergewöhnlichen Rituals und ein in die Katastrophe führendes Resonanzsystem aus Schuld, Angst und dem rastlosen Bösen – denn mit Magda Fietich wird nicht nur ein Leichnam aus dem Grab gehoben, sondern mit ihm auch die konturlosen Dämonen aus dem Bodensatz eines verzweifelten Lebens.

Die Exhumierung der Magda Fietich mag auf den ersten Blick als fantastische Fabel daherkommen, doch bei genauerem Hinsehen wird mit dem Grab nicht nur der Zugang zu einem verwesten Leichnam, sondern auch zum verschütteten Seeleben der Protagonisten eröffnet.     

Die Erzählung gliedert sich in drei Teile. Im kurzen Intermezzo Das Gespenst wirkt nicht nur das vergangene Ritual fort, sondern auch die unheilvolle Energie des mittlerweile riesig gewordenen Friedhofs, der zu einem gespenstischen Eigenleben erwacht ist. Magdas Martyrium versetzt die mystische Geschichte in die Gegenwart der Hansestadt Lübeck, in der sich das Grauen vergangener Jahrhunderte beinahe nahtlos im Alltag einer durchschnittlichen Familie im schönen Stadtteil Sankt Jürgen fortsetzt.   

Leseproben

Teil 1, Die Exhumierung der Magda Fietich:

Der Totengräber blickte seinem Gegenüber tief in die Augen, oder jedenfalls in jene eingefallenen Gesichtshöhlen, in denen sich gemeinhin Augen vermuten ließen. Sein spitzer Filzhut hatte sich voll mit Wasser gesogen, das ihm über Stirn und Nase an die Oberlippe rann und das er mit langer Zunge von Zeit zu Zeit in den Mund zog. Trotz seines schweren Mantels fror er mehr als bitterlich, was er unter Aufbietung aller erdenklichen Mühe und Disziplin vor seinem Gegenüber zu verbergen versuchte. Denn sein Gegenüber war sein Antagonist. Es war der Totenheber.

Der Totenheber war von großer, schlanker Gestalt, blasshäutig, stellenweise aufgedunsen und bestimmt einen ganzen Kopf größer als der Totengräber, dessen erbärmliches Frieren ihm nicht verborgen blieb, so sehr schlotterten seine Glieder. Auch dem Totenheber war kalt, auch der Totenheber fror und bibberte bitterlich, doch er wußte seinen feingliedrigen Körper bis hinab in jede Faser zu beherrschen, denn er musste jederzeit Herr des Geschehens bleiben, es war sein Tag, seine Stunde, sein Moment, an dem er sein schauriges Werk zu vollbringen hatte.

Der Totenheber hielt seinen Kopf jetzt leicht geneigt, um zum Totengräber und den Beihilfen zu sehen, die eigens gekommen waren, der grauenhaften Tätigkeit beizuwohnen, die nur Männer von seinem Schlage auszuführen in der Lage waren und für die es Jahre, gar Jahrzehnte der Vorbereitung, der Exerzitien, der asketischen Kontemplation und der schier endlosen selbstkasteienden Übung bedurfte. Zuweilen ging das Gerücht um, dass, um Totenheber zu werden, der Anwärter seine Seele verpfänden oder gar im strengen Zölibat als ein irdischer Bruder des Auferstandenen leben müsse, zumindest aber vom höchsten Klerus auserwählt und mit dem Blute Christi geweiht zu sein habe, bevor er das so schreckliche wie ungemein bedeutungsvolle Amt auf Lebenszeit annehmen dürfe. Ihre Zahl jedenfalls war sehr klein. Totenheber gab es so selten, dass viele glaubten, es habe im Laufe der Geschichte immer nur einen einzigen gegeben.    

Dieser eine Totenheber also blickte streng zum Totengräber, zog eine Hand aus der Manteltasche und machte eine sanfte Geste, indem er seine himmelwärts geöffnete rechte Hand nach vorn ausgestreckt, langsam einen sanften Bogen beschreibend, von rechts nach links schwenkte. Es war die uralte Geste, mit der er den Beginn seiner Arbeit anzeigte, die von diesem Moment an nicht mehr abgebrochen werden konnte und ihren Lauf zu nehmen hatte, egal welche Richtung dieser auch immer einnehmen würde. Die Anwesenden erschauderten. Ein leises, ehrerbietiges Raunen kroch durch die Menschenkegel und den Apparat. Der Totenheber richtete sich hoch auf und ging ans Werk.

Teil 2, Das Gespenst:

Nun stand sie da, frierend und voller Angst, blickte nach unten auf das schmucklose Grab, auf dem keine Bepflanzung, ja nicht einmal wertloses Unkraut oder einfache Flechten zu gedeihen schienen. Vor ihr befand sich lediglich eine kaum auffällige, rechteckige Fläche voller alter Erde mit einem verwitterten Grabstein am Kopfende. Weit und breit war sie der einzige Mensch auf diesem Friedhof, doch trotzdem fühlte sie sich beobachtet, von bohrenden Blicken durchlöchert. Ihr war, als hörte sie ein leises Flüstern, das mal flehentlich, mal fordernd, dann fast schon befehlend aus einer unbekannten Quelle in ihr Ohr drang. Etwas Instinkthaftes in ihr riet ihr zu fliehen, diesen Ort der Verdammnis zu verlassen, doch viel zu lange hatte sie gewartet, viel zu weit war sie gereist, um diese lange aufgeschobene Läuterung jetzt so hastig abzubrechen.

Teil 3, Magdas Martyrium:

Endlich trat ein, was Ralf und Petra nicht zu hoffen gewagt hatten: Katrin sackte zusammen und ihr Gebrüll verstummte. Dies geschah unvermittelt und völlig unvorhergesehen. Die Eltern waren erleichtert, der kurze Hoffnungsschimmer blitzte durch ihre zermürbten Gemüter, dass die Krankheit ihrer Tochter mit diesem karthartischen Anfall vielleicht sogar ihr Ende gefunden haben mochte. In ihren Ohren klingelte der markerschütternde Schrei noch ein wenig nach, ebbte aber nach ein paar Minuten ab und mache einem lang ersehnten Gefühl der Erleichterung Platz, das sich so vorsichtig wie schüchtern einzunisten versuchte. Die beiden Eheleute blickten sich in die Augen, der Anflug eines Lächelns fuhr wie ein kühlender Windhauch in brütender Sommerhitze über Petras Gesicht. Auch Ralf atmete auf, atmete also tief aus und wieder tief ein, um die endlich einkehrende Beruhigung seiner mentalen Verfassung zu konsolidieren. Ebenso von ihrem Kind, das währenddessen der Länge nach in Rückenlage auf dem Bett lag, schien alle Anspannung abgefallen zu sein. Beinahe friedlich lag sie so da, allein die vielen Blutflecke auf Bettzeug und Teppich zeugten noch von den furchterregenden Szenen, die sich im Zimmer der Tochter noch kurz zuvor abgespielt hatten. Wie es schien, hatte der Blutverlust nicht nur aufgehört, sondern war wohl auch gesundheitlich keineswegs bedrohlich gewesen. Vielleicht doch nur eine erste Menstruation, dachte Petra, eine erste Periode, die auch als Erklärung für das seltsame metallische Schreien der Tochter herhalten konnte, die in ihrer fragilen seelischen Verfassung in einer für alle Beteiligten ungekannten Weise darauf reagiert haben könnte. Vielleicht lag das ja alles doch noch im grünen Bereich, hoffte das übernächtigte Paar, das in einer einzigartigen Mischung aus fürsorglicher Liebe für und latent aktivierter Fluchtbereitschaft vor Katrin das schlafende Kind betrachtete. Dieses schien nicht nur auf den ersten Blick sanft zu schlummern, ihr Brustkorb hob sich im regelmäßigen Rhythmus einer normalen Atemtätigkeit und ihr leicht pulsierender  Herzschlag erweckte den sehr glaubhaften Eindruck, dass hier ein erschöpfter Teenager in wohlverdientem Schlaf neue Kräfte sammelte. Ralf und Petra indes schöpften Hoffnung, versuchten das eben Erlebte zu verdrängen oder zumindest bis zur endgültigen Bearbeitung in die hinteren Ecken ihres Gedächtnisses abzuschieben. Langsam erhoben sie sich von der Bettkante, um auf Zehenspitzen, dabei ihre Tochter stets aus den Augenwinkeln im Blick behaltend, in aller Vorsicht zur Zimmertüre zu schleichen. Die Zeit kam ihnen dabei furchtbar gedehnt vor, bis sie endlich die zweieinhalb Meter Strecke zur Tür überwunden hatten. Dort hielten sie lauschend und beobachtend für eine Weile inne, bevor sie sich behutsam aus dem Zimmer stahlen, Ralf das Licht ausschaltete und ganz langsam die Türe zuzog. Erleichterung machte sich breit, die gequälten Eltern durften sich einen Moment lang der stillen Hoffnung auf eine wie auch immer geartete Besserung der Lage hingeben, was jedoch nur ein sehr kurzer Moment war, der, ebenso wie das zarte Pflänzchen der elterlichen Zuversicht, durch klagende Stöhngeräusche aus dem Inneren des Zimmers jäh abgebrochen wurde.    

Kommentare sind geschlossen.

  • Kategorien