Soziale Gruppenarbeit ist Kernelement pädagogischer Gruppenkonzepte aus den Bereichen Jugendhilfe und Hilfen zur Erziehung, kommt aber auch in vielen anderen institutionalisierten pädagogischen Arbeitsformen zur Anwendung. In dieser kleinen Sammlung werden einige relevante Aspekte rund um soziale Gruppenarbeit und Gruppenpädagogik vorgestellt.
Allgemeines
Institutionalisierte Soziale Gruppenarbeit ist Ort und Medium gezielter pädagogischer Einflussnahmen. Zielgruppe sind Kinder, Jugendliche oder auch junge Erwachsene als Klienten sozialpädagogischer Maßnahmen oder Angebote, oft mit einem besonderen Unterstützungsbedarf bei Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen, die eine gezielte Förderung auf Basis eines gruppenpädagogischen Konzepts erhalten. Normative Grundlage bildet §1 SGB VIII, demzufolge jeder Mensch ein Recht auf Erziehung zur Eigenverantwortlichkeit und Gemeinschaftsfähigkeit besitzt. Damit werden im wesentlichen personale und soziale Kompetenzen angesprochen, die es gezielt zu fördern gilt. (Im Folgenden ist in der Regeln von Kindern die Rede, gemeinst sind auch Adressaten aus anderen Altersbereichen)
Die Soziale Gruppenarbeit ist eine Arbeitsform, die die Identitätsbildung durch Interaktion unterstützt. Sie ist auch ein Mittel der Sozialisation und stellt einen Erprobungsraum dar, der soziales Lernen ermöglicht. Durch entsprechende Angebote soll es Kindern ermöglicht werden, positive Erfahrungen in bislang nicht zugänglichen Bereichen zu machen. Dabei kann die Gruppenarbeit in Abhängigkeit von der Bedürfnislage ihrer Mitglieder auch teiloffen durchgeführt werden.
Nach Metzinger (2010, 15 ff.) zählen den Grundsätzen der Gruppenpädagogik die folgenden Prinzipien:
- Individualisieren: Hilfe und Zuwendung werden nicht nur der Gesamtgruppe, sondern auch den einzelnen Mitgliedern individuell angeboten.
- Mit der Stärke arbeiten: Das Aufdecken individueller Stärken / Ressourcen – auch bei vordergründig „schwachen“ Kindern – führt zu erlebter Bestätigung.
- Anfangen, wo die Gruppe steht: Ausgangspunkt der Gruppenarbeit sind die jeweiligen Kenntnisse, Interessen, Erfahrungen, Wertvorstellungen und sozialen Bindungen der Kinder. Selbstverständlich werden interindividuelle Unterschiede innerhalb der Gruppe beachtet.
- Sich mit der Gruppe in Bewegung setzen: Die Gruppe gibt das Tempo ihrer Entwicklung (Aneignung neuer Kenntnisse, Bewältigung höherer Anforderungen) vor. Das beinhaltet auch eine partizipative Orientierung.
- Notwendige Grenzen positiv nutzen: Da nicht alle Entscheidungen der Gruppe überlassen werden können, gehört die transparente Regel- / Grenzsetzung zum demokratischen Erziehungsprozess.
- Zusammenarbeit mehr pflegen als Einzelwettbewerb: Dies stellt einen Ausgleich zur eher kompetitiv organisierten Leistungsgesellschaft (auch der Schule) dar und fördert kooperatives Verhalten, Solidarität und gegenseitige Unterstützung.
- Sich überflüssig machen: Die Gruppenleitung bestimmt ihr Maß an Aktivität und Zurückhaltung anhand des Entwicklungsstandes der Gruppe.
Soziale Gruppenarbeit vollzieht sich dabei innerhalb von individuellen, interaktionellen, inhaltlichen und kontextuellen Dimensionen (hier bestehen Parallelen zur Themenzentrierten Interaktion); hinzu kommt eine deutliche normative Dimension durch §1 SGB VIII:
§ 1 SGB VIII Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe (
1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere
1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,
2. jungen Menschen ermöglichen oder erleichtern, entsprechend ihrem Alter und ihrer individuellen Fähigkeiten in allen sie betreffenden Lebensbereichen selbstbestimmt zu interagieren und damit gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können,
3. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen,
4. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, 5. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.
In Abhängigkeit von den Bedürfnissen der Kindern kann die Soziale Gruppenarbeit teiloffen gestaltet werden, d.h. dass die Kinder die Gruppe für einzelne Programmpunkte verlassen oder andere Kinder hinzuziehen können. Es muss jedoch immer ein sicherer gruppeninterner Rückzugsort gewährleistet werden.
Pädagogische Grundhaltung (anthropologische Basis) / Bild vom Kind
Zentral ist eine an den Humanismus angelehnte Grundhaltung (= verinnerlichte Werte), die jeden Menschen als schöpferischen und aktiven Konstrukteur seiner Persönlichkeit ansieht, der nicht nur an seiner positiven Entwicklung interessiert ist, sondern auch prinzipiell zu einer solchen fähig ist. Der Mensch ist in seinem Wesen ganzheitlich sowie gleichzeitig autonom (individuell, selbstbestimmend, unabhängig, einzigartig etc.) und interdependent (in Wechselwirkung mit anderen Personen und Dingen; Menschen und Ereignisse bedingen einander). Jeder Mensch ist ein eigenständiges Individuum, das über eine positive konstruktive, soziale und entwicklungsorientierte Kraft verfügt, die unter günstigen Bedingungen stimuliert und gefördert werden kann.
Für die Gruppenleitung bedeutet das eine Haltung der bedingungslosen Wertschätzung (positive emotionale Haltung, nicht-werten, Achtung, emotionale Wärme), Empathie (Einfühlen die innere Welt des anderen) und Authentizität (Ehrlichkeit, Echtheit; Entsprechung von Bewusstsein, Erfahrung und Kommunikation) (Rogers, Tausch & Tausch). Diese Haltung ist unerlässlich für die Herstellung einer entwicklungsförderlichen Beziehung, in der Ressourcen der Klienten erkannt und gefördert werden. Das schließt eine weitgehend partizipative Orientierung ein, die den Klienten Verantwortung sowie die Möglichkeit der gemeinsamen Gestaltung zugesteht (was sich wiederum förderlich auf personale und soziale Kompetenzen auswirkt).
Dazu gehört ebenso eine pädagogische Anerkennung der Diversität, die die interindividuellen Unterschiede der Kinder berücksichtigt. Dies betrifft die Unterschiede der Kinder hinsichtlich unterschiedlicher Begabungen / Beeinträchtigungen, ihrer sozialen Lebenslagen, ihrer kulturellen Zugehörigkeiten, ihrer Lebensumfelder und ihrer Geschlechtsverhältnisse („Querschnittsdimensionen“).
Dementsprechend wird Kindheit als keine zu überwindende Phase der Unvollständigkeit angesehen, sondern als Lebensphase mit einer eigenen besonderen Qualität. In Anlehnung an Korczak wird das Kind als kompetente und eigenständige Person angesehen, die ein Recht auf Raum, Zeit, soziale Erfahrungen, Rückzug, Emotionalität, Partizipation und achtsame Erwachsene als Begleitpersonen hat. Es hat ein Recht auf freie Entfaltung und darauf, so zu sein, wie es ist. Das schließt die Wertschätzung der der Kinder eigenen Weise zu denken, zu fühlen und wahrzunehmen ein.
Ziele der Gruppenpädagogik
Die formal oft angesprochene Hilfe bei der „Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen“ stellt sich bei genauerer Betrachtung als Förderung von Kompetenzen dar. Die Bildungsleitlinien des Sozialministeriums in Schleswig-Holstein (2012, 10ff.) nennen hier insbesondere:
Sozialkompetenz: Das Erlernen sozialer Fertigkeiten ist eine zentrale Entwicklungsaufgabe, die nur in sozialen Bezügen gelingen kann. Wesentlich ist die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse mit denen anderer in Beziehung setzen zu können. Zur Sozialkompetenz gehören etwa Kommunikationsfähigkeit, Mitmenschlichkeit, Kooperationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Toleranz, prosoziales Verhalten, Solidarität, Erkennen und Tolerieren der Emotionen anderer, Verantwortungsbereitschaft, Kritikfähigkeit, Rücksichtnahme oder interpersonelle Offenheit.
Möglichkeiten der pädagogischen Förderung:
- Partizipative Haltung: Gruppenleitung fördert Ideen der Kinder und hält sich zurück
- Unterstützung der gegenseitigen Bildung der Kinder untereinander (z.B. durch entdeckendes, erforschendes Lernen)
- gemeinsames Spielen mit Spaßfaktor
- Sozialraumorientierung mit Verantwortungsübernahme und Kommunikation zu Dritten
- gemeinsame Formulierung von Regeln
- Einführung einer Kultur des konstruktiven Feedback
Selbstkompetenz: Für soziale und personale Lernprozesse ist Selbstkompetenz eine wichtige Voraussetzung. Dabei geht es um die Wahrnehmung und Regulation von Emotionen, Motivationen sowie die Konstruktion des eigenen Selbst (im sozialen Austausch). Zur Selbstkompetenz zählen z.B. Selbstvertrauen, Selbstakzeptierung, Bewusstheit und Regulation eigener Motivationen, Entscheidungsfähigkeit, Wahrnehmen und Äußern eigener Emotionen, Frustrationstoleranz, Selbstverantwortlichkeit, Verarbeitung von Rückmeldungen aus der Umwelt, Selbstberuhigung, Selbstausdruck.
Möglichkeiten der pädagogischen Förderung:
- Entwicklungsförderliche Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern (s.o.)
- Entwicklungsförderliche Haltung des Erwachsenen gegenüber dem Kind (Stichwort Selbstreflexion, Ressourcenorientierung)
- Aktivierung des Selbst des Kindes (Kreativität, emotionale / physische Selbstwahrnehmung)
- Rollenspiele, Bewusstmachen von Erfolgen zur Entfaltung von Selbstwirksamkeit
Lernmethodischen Kompetenz: Das Fähigkeit, sich eigene Lernprozesse und die eigenen kognitiven Veränderung bewusst machen zu können, ist grundlegend für selbständige Steuerung individueller Bildungsprozesse. Die Vermittlung von Metakognition befähigt Menschen, eigene Lernprozesse zu verstehen und bewusst zu steuern (z.B. verbale Rückmeldungen, evtl. Lerngeschichten nach Carr, Ausstellen von Artefakten, Aufführungen, unmittelbare Erfolgserlebnisse, dem Kind deutlich etwas „zutrauen“). Erreicht wird dies durch Bildungsangebote, die Neugierde wecken und den Forschergeist anregen. Die Kinder lernen auf diese Weise, ihre persönlichen Ressourcen nutzen und zu erweitern sowie ihre Reflexionsfähigkeit zu steigern.
Möglichkeiten der pädagogischen Förderung:
- Ritualisierte Rückmeldungen beobachteter Lernprozesse
- Dokumentation (kindgerechte Verdeutlichung) von Lernerfolgen (Kompetenzportfolio, Lerngeschichten nach Carr)
- Ausstellungen, Aufführungen (z.B. gegenüber Eltern, Mitschülern)
- Hausaufgabenbetreuung: Vermittlung einer strukturierten Vorgehensweise / HA-Manager
- Projekte entlang der Themen der Kinder
Methoden (Auswahl)
Entsprechend der Lebensweltorientierung von Thiersch (1992) wird jedes Handeln als subjektiv sinnvolles Bewältigungshandeln verstanden. Jeder Mensch ist Experte seiner Lebenswelt, die ihn vor Entwicklungsaufgaben stellt, die er auf Basis seiner Kompetenzen zu bewältigen versucht. Eine Basiskategorie für sozialpädagogisches Handeln ist dabei das „respektvolle Verstehen“ und damit die Erkundung der subjektiv erlebten Bedingungen, die die Lebenswelten der Kinder bestimmen. Dies findet dialogisch mit dem Kind in Form gemeinsamer Reflexionen statt. Hilfreich sind weiterhin Informationen durch Dritte (Eltern, Lehrer, päd. Personal, Schulsozialarbeit). Ziel ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“, also die Befähigung des Kindes zum Erschließen und Anwenden weiterer Ressourcen.
Für die Gruppenleitung empfiehlt sich ein demokratischer (auch: kooperativ-partnerschaftlicher) Erziehungsstil, der die Mitglieder zu Aktivität, eigenständigen Entscheidungen und Kooperationsbereitschaft motiviert und eine ausgeglichene Atmosphäre sowie die Gruppenkohäsion fördert. Angestrebt wird so das künftige Wohl der Kinder durch zunehmende Selbstbestimmung (Metzinger 2010, 90). Die Position der Gruppenleitung ist dabei idealer Weise durch echte Autorität gekennzeichnet, die sich in konsequentem Handeln und situationsgerechtem Reagieren darstellt. Basis dafür sind innere Sicherheit und Selbstbewusstsein, um die passende Kombination aus Durchsetzungswillen und Kommunikationsfähigkeit vor dem Hintergrund der pädagogischen Grundhaltung ausüben zu können (Metzinger 2010, 93). Für die Gruppenleitung sind daher kontinuierliche Selbstklärung, Reflexion, kollegialer Austausch und Supervision von Bedeutung.
Vor dem Hintergrund gruppendynamischer Prozesse und der Notwendigkeit der Herstellung eines entwicklungsförderlichen Gruppenklimas liefert das Konzept der Themenzentrierten Interaktion (TZI) wertvolle Beiträge für die Leitung von Gruppen. Auch hier steht die Reflexion des Menschenbildes des Gruppenleiters im Mittelpunkt, da dieses Wahrnehmung und Beurteilung der Gruppenmitglieder beeinflusst. Gruppenleitung wird in der TZI als Beziehungsgestaltung verstanden, die die Interaktion zwischen den Mitgliedern untereinander sowie zwischen Mitgliedern und GL bestimmt. Ebenso betrachtet die TZI das jeweilige Thema der Gruppe sowie die Beziehung der Mitglieder dazu und nimmt zudem die situativen und institutionellen Rahmenbedingungen der Gruppe als solcher sowie die ihrer Mitglieder in den Blick.
Des Weiteren sorgen Rhythmisierung und Ritualisierung von Tages- und Wochenabläufen für Sicherheit und Gewissheit. Diese aus der Waldorfpädagogik (Anthroposophie) abgeleiteten Prinzipien verdeutlichen den Kindern ihre gegenwärtige Position innerhalb von Abläufen und schaffen Erwartbarkeit und Verlässlichkeit. Im Wochenablauf können den Tagen feste Themenschwerpunkte aus unterschiedlichen Bildungsbereichen zugeordnet werden (z.B. montags Körper, Gesundheit, Bewegung; dienstags Musik, Ästhetik, Medien; mittwochs Mathematik, Naturwissenschaft, Technik etc.), die den Inhalt des jeweiligen Bildungsangebotes bestimmen. Der Tagesablauf folgt im wesentlichen festen chronologischen Ablaufschemata, die für die Kinder visualiert werden und die Gruppenzeit deutlich strukturieren. Auch jahreszeitliche Rhythmen inklusive der jeweiligen Feste werden thematisiert und visualisiert (Jahreszeitenteller, Garten & Kochen, Wand- und Fensterschmuck, Aktivitäten etc.).
Die Gruppe stellt ein Bezugssystem mit eigenen Normen dar, das zugleich Übungs- und Lernfeld für die Kinder ist. Diese haben die Möglichkeit, eigene Stärken zu entdecken, Ressourcen auszubauen und Erfolgserlebnisse zu erfahren. Sinnvolle Gruppenerlebnisse steigern die Beziehungsfähigkeit und vermitteln Selbstwirksamkeit, mit neuem Verhalten kann experimentiert werden. Die Gruppe sowie die Gruppenleiter fördern durch regelmäßiges und ritualisiertes, konstruktives Feedback soziales Lernen. Effektive Kooperation und Verhaltensanpassungen sind in Gruppen nur dann möglich, wenn Mitglieder über die Verhaltenserwartungen informiert werden. Beim konstruktiven Feedback wird das konkrete Verhalten angesprochen, eigene Gefühlsreaktionen ausgedrückt und daraus resultierende Forderungen genannt, was in der Folge zu einer höheren Gruppenkohäsion führt (vgl. Vopel 2012, 138 f). Wichtig ist dabei ein konstruktives emotionales Gruppenklima, die das Positive fokussiert und in der das Negative zwar auch wahrgenommen und ausgedrückt, aber nicht in den Vordergrund gestellt wird (gesteuert durch Feedbackregeln, z.B. „Immer erst drei positive Dinge nennen, dann kritisieren“; Gesprächstechniken wie aktives Zuhören, Paraphrasieren, Reflektieren von Gefühlen). Das konstruktive Feedback fördert weiterhin metakognitive Prozesse und dient damit dem Aufbau der lernmethodischen Kompetenz (vgl. Dix 2010, 38 ff.).
Flankierend können Belohnungssysteme zur Verhaltenssteuerung eingesetzt werden (positive Verstärkung – operantes Konditionieren). Der Nachteil dieser der behavioristischen Lerntheorie entlehnten Instrumente ist jedoch ihre Wirkung auf extrinische Motivationen. Wenn sie zum Einsatz kommen, sollte es sehr zeitnah an bewertete Handlungen erfolgen.
Erlebnispädagogik als handlungsorientierte Methode, die Kinder gezielt und kontrolliert vor physische, psychische und soziale Herausforderungen stellt. Sie orientiert sich an den elementaren Bedürfnissen nach Grenzerfahrung, Wagnis und Risiko, die innerhalb eines abgesicherten Rahmens erlebt werden können und sich förderlich auf die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder auswirken. Diese können so die streng geschützten und hochgradig funktionalen Lebensbereiche des Alltags verlassen, um basale Selbsterfahrungen und Abenteuer zu erleben. In arrangierten Erfahrungsbereichen haben die Kinder die Möglichkeit der Selbsterprobung (Bsp.: „Menschenleiter“, Brücke über Bach bauen, Seilparcours, Geocaching, Fahrrad-Geschicklichkeitsparcours). Im Anschluss an die Aktivitäten werden Erfahrungen und Erlebnisse in der Gruppe besprochen, um sie für die Kinder als Lernprozesse bewusst zu machen.
Die Erlebnispädagogik lässt sich ideal mit der Natur- und Waldpädagogik kombinieren. Auch hier steht das Lernen „mit Kopf, Hand und Herz“ (Pestalozzi) im Vordergrund, also die ganzheitliche Erfahrung der Natur als „Sinninstanz“. Es gilt, Bewahrenswertes zu entdecken und zu schützen sowie jahreszeitliche Rhythmen in der Natur zu erkunden. Im Zentrum steht der Aufbau von Gestaltkompetenz, zu deren Teilaspekten wichtige Sozial- und personale Kompetenzen zählen.
Zur Verbesserung des Wir-Gefühls, der Gruppenkohäsion, der positiven Außendarstellung und zur Vermeidung von Stigmatisierungen sollte ein positiver Gruppenname gefunden werden. Auch ein Gruppenmaskottchen kann hilfreich sein.
Durch eine ausgeprägte Sozialraumorientierung kann die Gruppe stärker mit dem umgebenden Stadtviertel und den Lebenswelten der Kinder in Verbindung gebracht. Die Ausrichtung der pädagogischen Arbeit an den Bedürfnissen und Lebensbedingungen der Kinder im Stadtteil wirkt sich positiv auf Beziehungsqualität der relevanten Akteure aus. Kenntnisse über die Angebote und Institutionen im Umfeld des SKH stellen weitere Ressourcen für die Kinder dar.
Von Bedeutung ist auch die Erhöhung der Resilienz der Kinder, also ihrer Fähigkeit, sich trotz belastender Umstände positiv entwickeln, also auf belastende Situationen, Stressoren, Lebenskrisen, neue Entwicklungsaufgaben uvm. flexibel und angemessen reagieren zu können, ohne psychische Folgeschäden davonzutragen. Hierbei steht die Entwicklung und Bewusstmachung von Schutzfaktoren wie personalen, infrastrukturellen, sozialen und materiellen Ressourcen im Vordergrund (Ressourcenorientierung). .
Dynamiken und Prozesse in Gruppen (Auswahl)
Eine Gruppe durchläuft in ihrer Entwicklung (idealtypisch) verschiedene Gruppenphasen, die unterschiedliche Aktions-, Leitungsformen und Themen bedingen können. So ist die Orientierungsphase („Forming“) etwa durch erhöhte Unsicherheit, Gefühlsambivalenz, fehlende Kohäsion, Erkundungstätigkeiten der Mitglieder und soziale Ängste gekennzeichnet. Aufgabe der Gruppenleitung ist hier das Schaffen einer gemütlichen Atmosphäre sowie die Bestrebung, Ausgrenzungen und Rückzug einzelner Mitglieder zu verhindern. Als Techniken kommen hier vermehrt Kennenlernspiele, kurzfristige Angebote oder Erkundungsspiele in Frage. Wichtig ist die Einbeziehung der Gesamtgruppe in die Aktivitäten. In der Positions– und Rollenklärungsphase („Storming“) treten vermehrt Spannungen und Positionskämpfe auf. Die Gruppenleitung muss hier regulierend eingreifen, Grenzen setzen und in Konflikten vermitteln. Diese Gruppenphase ist wichtig für die gesunde Entwicklung der Gruppe und sollte daher nicht unterbunden werden. Es folgt die Vertrautheitsphase („Norming“), in der die Gruppenkohäsion („Wir-Gefühl“) ebenso steigt, wie das Bedürfnis der Mitglieder nach positiven Beziehungen und Harmonie. In dieser Phase kann die Gruppenleitung behutsam Führung aufgeben und gruppeneigene Aktivitäten akzeptieren. Ab hier können längerfristige Projekte und Aktionen in Angriff genommen werden, auch kann die Gruppe zunehmend eigenständig Planungen durchführen. Die höchste Kohäsion hat die Gruppe in der anschließenden Differenzierungsphase („Performing“), in der die Rollen und Positionen der Mitglieder gefestigt sind, Konflikte eher konstruktiv ausgetragen werden und die größte Fähigkeit für zielgerichtete Aktivitäten besteht. An dieser Stelle kann Verantwortung an einzelne Mitglieder abgegeben und die Dynamik der Gruppe mit Impulsen und Anregungen stimuliert werden. Für die Gruppe ist es nun weniger notwendig, sich von außen abzugrenzen – die Kohäsion ist tragfähig genug für Individualisierungsbestrebungen ihrer Mitglieder („Dazugehören trotz Differenzierung“). Diese Phase ist ideal für teiloffene Aktionsformen. Eine Abschlussphase („Adjourning“) dürfte im Falle der Sozialen Gruppe, die sich nicht als Ganzes komplett auflöst, weniger relevant sein. Vielmehr gilt es Kinder, die die Gruppe wieder verlassen werden, gemeinsam mit der Gruppe sowie individuell darauf vorzubereiten.
Soziales Lernen wird zudem durch die Gruppennormen (Verhaltensregeln auf Basis bewusster oder unbewusster Übereinkünfte der Mitglieder wie etwa Beziehungs-, Kommunikations-. Bedürfnis-, Gefühls- und Sanktionsnormen) gesteuert, die sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Gruppenphase ausbilden, unerlässlich für den Gruppenerhalt sind und konformes Verhalten einfordern (freilich müssen die Gruppennormen vor allem in der Orientierungsphase durch die Gruppenleitung vorgegeben werden). Auf diese Weise steuert die Gruppe das Verhalten der Mitglieder, indem konformes Verhalten belohnt und abweichendes Verhalten sanktioniert wird. Zu beachten ist dabei der Einfluss von Normen auf die positive Gruppenentwicklung, die dem Einzelnen Entfaltungsmöglichkeiten sowie die Teilhabe an einem kooperativen und kommunikativen Gruppenklima ermöglichen sollen. Einengung und Zwang sind dagegen zu vermeiden. Soziales Lernen wird darüberhinaus durch Konformitätsdruck stimuliert, wobei dieser idealer Weise auf positiven und entwicklungsförderlichen Normen beruht (Konformitätsdruck kann sich auch in negativer Weise auswirken). .
Die Mitglieder einer Gruppe, die regelmäßig mehrere Stunden Zeit zusammen verbringt, können Gruppenrollen ausbilden. Diese stehen in engem Zusammenhang mit den Persönlichkeiten der Gruppenmitglieder und werden durch die Verhaltenserwartungen der jeweils anderen Gruppenmitglieder gesteuert. Von der Gruppenleitung anzustreben ist eine möglichst flexible und situationsgerechte Rollenübernahme der Mitglieder, bei der sich die Einzelnen möglichst gut entfalten können (Vermeidung von Rollenfixierungen durch Leitung). Besondere Aufmerksamkeit ist bei dysfunktionalen Rollen (Außenseiter, Clown, Störer, Gleichgültiger etc.) geboten, wobei eine Wandlung der Rollen im Gruppenprozess immer möglich ist.
Die Kohäsion oder der Zusammenhalt der Gruppe deutet unmittelbar auf das Gruppenklima hin. Eine hohe Kohäsion kann Folge entwickelter Sozialkompetenzen der Mitglieder sein und diesen Geborgenheit und Sicherheit vermitteln, birgt aber auch die Gefahr der Abgeschlossenheit der Gruppe nach Außen sowie der partiellen Isolation der Gruppenmitglieder. Ideal ist eine hohe Gruppenkohäsion, die individuelle Entwicklungen sowie Außenkontakte zulässt (optimal: Differenzierungsphase), aber dennoch einen zuverlässigen Rückzugsort bietet.
Pädagogischer Prozess, Qualitätssicherung und Dokumentation
Pädagogische Diagnostik und die Dokumentation der pädagogischen Arbeit bedienen sich in der Regel des Erhebungsinstruments Beobachtung. Diese muss – wie jedes Instrument der empirischen Sozialforschung – den Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität genügen. Dazu sollte die Beobachtung mindestens von zwei Beobachtern durchgeführt werden (Triangulation) und nicht völlig frei sein. Es empfiehlt sich eine teilstrukturierte Beobachtung auf Basis von Beobachtungsbögen, die unterschiedliche Kompetenz- und Entwicklungsbereiche erfassen. Beobachtungen können hinsichtlich der Teilnahme des Beobachters am sozialen Geschehen und ihrer Offenheit / Verdecktheit unterschieden werden. Beides hat Auswirkungen auf die Verhaltensbeeinflussung der Beobachteten (Reaktivität). Zu beachten sind in diesem Zusammenhang beobachtungsspezifische Wahrnehmungsfehler wie Halo-Effekt, Primacy-Effekt, Projektionsfehler oder Typisierungen. Die teilstrukturierten Beobachtungen können durch freie Beobachtungen, die Sammlung von Artefakten und gezielten Befragungen (etwa bei der Erstellung von Portfolios oder Steckbriefen) ergänzt werden. Beobachtungen sind als pädagogische Handlung stets mit Wertschätzung und dem Schenken von Aufmerksamkeit verbunden (ressourcenorientierte Beobachtung mit positiven Rückmeldungen).
Zur Erfassung der Gurppenstruktur, also der Beziehungen der Mitglieder untereinender, bieten sich soziometrische Verfahren an. In Soziogrammen werden die sozialen Beziehungen und auch Rollen innerhalb der Gruppe graphisch dargestellt. Erhebungsmethoden sind Beobachtungen und Befragungen, die aufgrund der gruppendynamischen Prozesse in regelmäßigen Abständen erfolgen können. Soziometrie gibt Aufschluss über die soziale Position und Status einzelner Gruppenmitglieder und liefert zusätzliche Informationen über die Verhaltensweisen der Kinder.
Für die Planung von Bildungsangeboten und Projekten ist es hilfreich, die Bildungsthemen der Kinder zu kennen. Hierzu eignet sich das Beobachtungsverfahren nach Laewen und Anders, das von der Bedeutung eines Bildungsthemas für die Initiierung von Lernprozessen ausgeht.
Transparenz und Partizipation: Eltern und Kinder werden regelmäßig in den Prozess und Inhalt der Dokumentation einbezogen. Entwicklungs- und Kompetenzportfolios sind für Eltern und Kinder jederzeit einsehbar, Rückfragen werden stets beantwortet. So können Kinder an der Gestaltung ihres eigenen Bildungsverlaufes beteiligt werden, indem Fortschritte und Lernerfolge sichtbar gemacht werden. Eltern werden durch den Austausch mit der Gruppenleitung in den Lernprozess der Kinder einbezogen.
Weitere Aufgaben der Dokumentation:
- Grundlage für die Reflexion des pädagogischen Handelns
- Reflexion des eigenen Handelns und Wahrnehmens (vor dem Hintergrund der eigenen Biographie, der eigenen Kompetenzen etc.)
- Grundlage für den kollegialen Austausch
- Darstellung der pädagogischen Arbeit nach außen
- Gewährleistung qualitativer Standards
- Herstellung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit
- Evaluation des pädagogischen Prozesses
Die Dokumentation erfolgt dabei in Form von Entwicklungs- und Kompetenzportfolios. Das Entwicklungsportfolio (dient dem kollegialen Austausch; gesicherte Aufbewahrung – einsehbar für Eltern und Kinder) enthält:
- Beobachtungsbögen, Auswertungen
- Steckbrief des Kindes, Rahmendaten
- Dokumentation von Lern- und Entwicklungsprozessen
- Zitate und Aussagen des Kindes
- Individuelle Ziele für Herausforderungen und Bildungsangebote
- Gesprächsprotokolle
- Soziogramme
Zusätzlich kann ein Kompetenzportfolio geführt werden, das der Darstellung der Lern- und Entwicklungsfortschritte für die Kinder dient (und auch von den Kindern geführt und gestaltet werden kann). Dieses enthält wertschätzende Beobachtungsergebnisse, Fotos, Artefakte, Bildungs- und Lerngeschichten (Carr, Leu).
Erziehungs- und Bildungspartnerschaft
Gesetzliche Grundlage:
Art. 6 Abs. 2 GG / §1(2) SGB VIII: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“
Der familiäre Hintergrund der Kinder ist eine wesentliche Einflussgröße auf deren persönliche Entwicklung (Familie als erstes Bildungssystem). Darüberhinaus müssen die Eltern auch aus verfassungsrechtlichen Gründen an der institutionellen Erziehung / Förderung ihrer Kinder beteiligt werden. Es gilt, sich gemeinsam, auf gleicher „Augenhöhe“ (symmetrisch) und mit Achtung, Respekt und Wertschätzung für das Wohl des Kindes einzusetzen. Im Zentrum steht die gemeinsame Suche nach den besten Entwicklungsbedingungen des Kindes sowie die wachsende gemeinsame Verantwortungsübernahme. Eltern müssen also informiert und systematisch in den pädagogischen Prozess einbezogen werden – auch hinsichtlich der von ihnen formulierten Erziehungs- und Bildungsziele. Im Idealfall erfolgt eine wechselseitige Öffnung von Familie und pädagogischer Institution, wobei sich letztere zum Kommunikationsort mit und für Eltern entwickelt.
Ziele:
- Information und Austausch über die Entwicklung des Kindes und familiäre Situationen
- Wechselseitige Abstimmung pädagogischer Handlungen
- Verbesserung der Erziehungskompetenz der Eltern (Verdeutlichung der Rolle der Eltern bei der Erziehung, Stärkung entwicklungsförderlichen Verhaltens)
- Institutionelle Mitbestimmung der Eltern
- Beratung der Eltern, Vermittlung von Hilfsangeboten
Bedeutend ist im Sinne weitestgehender Transparenz die Einsehbarkeit des pädagogischen Konzepts (päd. Grundsätze, Zielsetzungen und ihre Operationalisierung) sowie der Entwicklungsportfolios.
Bestandteile:
- Einführungselternabend zum gegenseitigen Kennenleren
- Elternbrief / -zeitung (verständlich, ansprechend, identifizierbar, regelmäßig; Fotos, Zitate, Thema des Monats, Kindersprüche / -zeichnungen)
- Hilfeplan (Ziele, Vereinbarung der Unterstützung durch Eltern)
- Feste (Weihnachten), Ausflüge
- Entwicklungsgespräche
- Elternhospitation
- Hausbesuche
- Infotafel
- Ausstellung von Artefakten
Literatur
Dix, Paul (2010): Konstruktives Feedback im Klassenzimmer, Düsseldorf.
Metzinger, Adalbert (2010): Arbeit mit Gruppen, 2. Aufl., Freiburg im Breisgau.
Thiersch, Hans (1992): Lebensweltorientierte Soziale Arbeit. Aufgaben der Praxis im sozialen Wandel. Weinheim.
Vopel, Klaus W., Iskopress (2012): Handbuch für Gruppenleiter/innen: Zur Theorie und Praxis der Interaktionsspiele, 13. Aufl., Salzhausen.