Die Regulationstheorie und ihr demokratietheoretisches Potenzial

Die Regulationstheorie entsammt der neo-marxistischen Denktradition und eignet sich noch immer hervorragend zur Erklärung des Wandels von Gesellschaftsformationen.

Die école de la régulation

Von einer in sich geschlossenen Theorie zu sprechen, wäre angesichts der Heterogenität des regulationstheoretischen Ansatzes wenig angemessen (Vgl. Görg 1994a: Fn.1; Hübner 1989: 17), obgleich der gemeinsame Bezug aller regulationstheoretischen Schulen auf eine Fortentwicklung des strukturalen Marxismus Althussers gegründet ist (Vgl. u.a. Lipietz 1992a, Hübner 1989: 66, Görg 1994a: 22, Jessop 1988: 380f.). Nicht mehr das Konzept der „Reproduktion der Produktionsverhältnisse“, das auf eine Kontinuität der gleichsam autopoietisch ablaufenden Reproduktion gesellschaftlicher Verhältnisse abzielt, steht im Zentrum der Theoriebildung, sondern dessen Überwindung durch das Konzept der Regulation, das den krisenhaften Charakter des Reproduktionsvorganges, seine Diskontinuität und historische Offenheit betont, womit die Regulationsschule eine „Seitwärtsbewegung weg vom oft dogmatisiert und sektiererisch geführten Streit zwischen den marxistischen Theorieschulen“ (Dräger 2001:179) vollzog.

Die zentrale Frage der Regulationstheorie beschäftigt sich damit, wie kapitalistische Gesellschaften trotz ihrer Widersprüchlichkeiten und Antagonismen, ihrer permanenten Konflikte und Krisenneigung Phasen von relativer Stabilität, Prosperität und einem gesicherten Reproduktionsniveau ausbilden können. In diesem Sinne bezeichnet der Terminus Regulation den in seinem Verlauf und Ergebnis prinzipiell kontingenten Vorgang der diskursiv vermittelten sozialen Abstimmung konfligierender Interessen und Handeln innerhalb einer Gesellschaftsformation, jedoch keine intentionale Steuerung gesellschaftlicher Vorgänge (Regulierung) (vgl. Hübner 1989: 33ff., Hirsch 1994, Esser / Hirsch 1984: 53, Häusler / Hirsch 1987: 658). Regulation bezeichnet also den Prozess der Reproduktion eines sozialen Verhältnisses „trotz und wegen seines widersprüchlichen Charakters“ (Lipietz 1985: 109). Gesellschaftliche Kohäsion erscheint nicht als entwicklungsgeschichtlicher Automatismus oder als Folge staatlich-autoritativer Eingriffe, sondern „it is established as an unforeseen outcome of social activities, the consequence of the repetitive charakter of human activities“ (Noel 1987: 322). Als ökonomische Theorie der Diskontinuität hebt sich die Regulationstheorie von den Annahmen der neoklassischen allgemeinen Gleichgewichtstheorie ab, indem sie die historische Entwicklung kapitalistischer Gesellschaftsformationen als eine krisenhafte Abfolge unterschiedlicher Reproduktionsbedingungen beschreibt und die strukturell bedingte Instabilität sozialer Beziehungen im Kapitalismus betont, wobei der analytische Fokus auf die Bedingungen der Stabilität gerichtet ist, also keine Krisentheorie formuliert wird. Die Kohärenz einer Gesellschaftsformation soll in Abgrenzung zum methodologischen Individualismus der Neoklassik ergründet werden (Röttger 1997: 92), zumal deren in abstrakten Rationalitätsannahmen und Marktmodellen die soziale Konstitution ökonomischer Strukturen und Machtverhältnisse systematisch ausgeblendet wird (Hirsch 1995: 47).

So wird die konkrete Entwicklung des Kapitalismus nicht, wie etwa bei der historisch-materialistischen Theorie, als durch eine bestimmte Logik determiniert verstanden, sondern diese wird „durch politisch-soziale Auseinandersetzungen und Kräfteverhältnisse bestimmt (…), die sich in historisch spezifischen institutionellen und normativen Konfigurationen verdichten und in einem komplexen Wechselverhältnis zu dem jeweiligen Typus von Kapitalverwertung und -akkumulation stehen“ (Hirsch 1993: 195f.). Damit liegt die institutionalistische Komponente des Theorieansatzes in der Analyse der Funktion gesellschaftlicher und politischer Institutionen für die integrierende Regulation konfligierender Interessen vor dem Hintergrund einer bestimmten Regulationsweise. In Abgrenzung zu orthodoxen Konzepten neoklassischer oder keynesianischer Prägung und auch zum marxistischen Ökonomismus und zur Basis-Überbau-Theorie unternimmt die Regulationstheorie eine Zusammenführung von institutionellen Mechanismen und individuellem wie kollektivem Handeln – die soziologische Kategorie des Handelns erlebt so den Eingang in die Politische Ökonomie (vgl. u.a. Hirsch 1995: 20, ders. 1990:20, Hübner 1989: 115f., Krebs / Sablowski 1992: 109). Auf diese Weise berücksichtigt sie die makro- wie mikroökonomische Ebene gleichzeitig und stellt schließlich eine soziologisch fundierte institutionalistische Ökonomietheorie dar (Hirsch 1990: 17). Ihr Anliegen ist die Erforschung der Mesoebene, also zwischen der Mikroebene des individuellen Handelns und der Makroebene der gesellschaftlichen Systeme. Die Regulation bedeutet also, „daß die gegensätzlichen Interessen sozialer Klassen und Gruppen so geformt, kanalisiert und miteinander verbunden werden, daß sowohl der Zusammenhalt der Gesellschaft als auch die Vereinbarkeit der sozialen Handlungen mit den Bedingungen der Kapitalverwertung innerhalb des gegebenen Akkumulationsregimes gewährleistet bleiben“ (Hirsch 1995: 50).

Der Kapitalismus erscheint als Abfolge von Kontinuitäten und Krisen (Hirsch 1990: 95), wobei die Krisen in den Weltwirtschaftskrisen von 1929 und 1973 verortet werden und insbesondere die Prosperitätsphase im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg, deren Bezeichnung Fordismus sich in wissenschaftlichen Diskursen weit besser durchsetzen konnte, als etwa das dahinterstehende theoretische Konzept (Röttger 1997: 90), Gegenstand des Erkenntnisinteresses wurde. Eng damit verbunden war die Entwicklung multidimensionaler Schlüsselkategorien zur „Ordnung des Netzes der gesellschaftlichen Beziehungen“ (Hübner 1989: 139), zu denen insbesondere die Begriffe Akkumulationsregime, institutionelle Form und Regulationsweise zählen und die ein Analyseinstrumentarium mit starker deskriptiver Potenz darstellen, das zudem die Erstellung einer „Akkumulationshistorie“ des Kapitalismus ermöglicht. Das dominant intensive Akkumulationsregime mit Massenkonsum oder der „Fordismus“ stand dabei im Mittelpunkt der Regulationisten (vgl. Hübner 1989: 147).

Allerdings avancierten auch schnell die theoretischen Defizite der Regulationstheorie zu Gegenständen kritischer Betrachtungen. Insbesondere der Mangel an staats-, handlungs- und institutionstheoretischen Fundierungen, sowie ein zuweilen überbordender Ökonomismus wurden zu Auslösern zahlreicher Modifikationen und Ergänzungen (vgl. u.a. Scherrer 1995, Esser et al. 1992, Hirsch 1992, Jessop 1992, Robles 1994: 11ff., Hirsch 1990: 26ff., Mahnkopf 1988b). Auch die methodisch begründete Beschränkung des Ansatzes auf den nationalen Raum und die damit verbundenen Schwierigkeiten, global dimensionierte Strukturen und Dynamiken erfassen zu können, wurde zum Gegenstand der Theoriekritik (Hirsch 2001, Röttger 1997: 103f.), in der u.a. die Vermutung geäußert wurde, dass die zu starke Ausrichtung der Regulationstheorie auf den „Fordismus“ ihre analytische Reichweite beschränke. Hirsch (2001) sieht jedoch prinzipiell die Möglichkeit, ihr analytisches Instrumentarium für eine übergreifende Kapitalismustheorie nutzbar zu machen. Strittig und noch nicht abschließend beantwortet ist bis zum heutigen Tage dagegen ist die Frage, ob die gegenwärtig zu beobachtenden gesellschaftlichen Transformationen noch zu den Krisensymptomen des sich auflösenden Fordismus zählen oder ob sie bereits auf ein neues, post-fordistisches Akkumulationsregime hinweisen (vgl. u.a. Hirsch 2003: 99ff., Hirsch 2001, Hirsch 1995: 83ff., Amin 1994, Strutynski 1996, Alnasseri et al. 2001). So sieht Lipietz den Postfordismus durch eine Kombination aus „Neotaylorismus“, „Toyotismus“ und dem zentralen „Kalmarismus“ mit verhandelter Flexibilisierung und neuen Möglichkeiten der „offensiven Anpassung“ durch neue (und auch in ökologischer Hinsicht vorteilhafte) Arbeitsmodelle gekennzeichnet (Lipietz 1998), während Aglietta (2000) den Shareholder-Kapitalismus als postfordistisches „Akkumulationsregime des Vermögensbesitzes“ erkennt, in dem Massenkonsum auf Basis kapitalmarktgestützter Zusatzeinkommen ermöglicht werde. Röttger (2004) beurteilt diese „neue Bescheidenheit“ der Regulationstheorie als Folge eines defizitären Begriffs der Regulation, der sich infolge seiner „bornierten“ und formalisierten Ausrichtung an der Berechnung makroökonomischer Größen nicht mehr zur Aufdeckung der „Reorganisationsrealitäten des nachfordistischen Kapitalismus“ eigne.

 

 

Die Suche nach den Bestandsbedingungen des Widersprüchlichen: Zur Genealogie und theoretischen Diversifizierung der Regulationstheorie

Begründet wurde der regulationstheoretische Ansatz durch die 1976 erschienene Pionierarbeit Michel Agliettas mit dem Titel „Régulation et crises du capitalimsme“, in der eine Weiterentwicklung des Altusserschen Strukturalismus auf Grundlage der Werttheorie Karl Marx‘ versucht wurde. Mit der weltwirtschaftlich dominierenden US-amerikanischen Nationalökonomie als Erkenntnisgegenstand wurde versucht, strukturelle Formen einer spezifischen Epoche des Kapitalismus aufzudecken. Agliettas Studie bildete so das „theoretische Essential eines langfristigen Forschungsinteresses an den Kräften kapitalistischer Expansion und Verallgemeinerung“ (Röttger 1997: 96), wobei die Gründe für die (globale) Hegemonie der USA in ihren eigenen Produktionsverhältnissen zu suchen sein mussten. Hierzu versuchte er fünf Fragen zu behandeln: „Welche Kräfte transformieren ein gesellschaftliches System und garantieren seinen langfristigen Zusammenhang? Sind die Bedingungen und Modalitäten fähig zur Evolution? Ist es möglich, Phasen der Entwicklung des Kapitalismus zu identifizieren und kann eine solche Identifizierung die strukturellen Krisen dieser Produktionsweise erklären? Ist die gegenwärtige Krise eine Folgeerscheinung anderer historischer Wandlungen innerhalb des Kapitalismus und liefert sie eine Argumentationsbasis für Hypothesen über zukünftige Klassenkämpfe?“ (Aglietta 1979: Übersetzung in: Hübner / Mahnkopf 1988: 12).

Die Expansion und Verallgemeinerung des US-amerikanischen Modells wurde dabei nicht einfach als eine bloße Übertragung auf andere Staaten gewertet, sondern vielmehr als Frage nach der „Endogenisierung weltwirtschaftlich dominanter Produktions- und Tauschnormen in Westeuropa“ (Röttger 1997: 97) behandelt, also der konflikthaften Durchsetzung der fordistischen Akkumulations- und Regulationsmodi in jeweils unterschiedlichen gesellschaftlichen Herrschafts- und Produktionsverhältnissen. Weiterhin versuchte er, den abstrakten neoklassischen Marktbegriff zu überwinden, indem er den Markt als institutionellen gesellschaftlichen Zusammenhang begriff. Im Laufe seiner Arbeit entwickelte Aglietta, wie bereits erwähnt, ein Analyseinstrumentarium, das von allen Varianten der Regulationstheorie durchgängig verwendet wird. Als zentrales Strukturprinzip kapitalistischer Vergesellschaftung trat das Lohnverhältnis in die regulationstheoretischen Analysen ein, in dem die Bedingungen des Einsatzes der Arbeitskraft in der Produktion und ihre Reproduktion thematisiert werden. Aus der Analyse des Zusammenhangs zwischen dem Wert der Arbeitskraft und dem Lohn entwickelte Aglietta eine Verteilungstheorie, der zufolge die gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung auf den gesellschaftlichen Produktionsbeziehungen beruht (Hübner 1989: 75f.). Letzten Endes mündet die Analyse in die Feststellung, dass Kapitalakkumulation über die Senkung des Wertes der Arbeitskraft erreicht wird: „Das Geheimnis stetiger Kapitalakkumulation liegt also in der permanenten Senkung des Werts der Arbeitskraft, wie sie durch den Produktivitätstransfer zwischen den beiden Abteilungen gesellschaftlicher Produktion bewerkstelligt wird. Im optimalen Falle kann damit eine stabile Profitrate einhergehen“ (Hübner 1989: 82). Ebenso kategorisierte Aglietta die Entwicklung des Kapitalismus nicht anhand der Veränderungen von Marktstrukturen oder der Durchsetzung technologischer Innovationen, sondern anhand der Transformation der Reproduktion der Arbeitskraft. Wenn der kapitalistische Akkumulationsprozess schließlich an seine Schranken stößt, kann es durch die Verschiebung dieser internen Schranken auf dem Wege einer synchronen Veränderung von Produktions- und Konsumnormen zur Ausbildung eines stabilen Produktions- und Verwertungszusammenhangs kommen, wie es etwa beim Fordismus der Fall war (ebd.).
Erst die Veränderungen der Existenzbedingungen der Lohnarbeiter führte so über die Herausbildung einer spezifischen und in die Produktionsbedingungen überführten Konsumnorm, gekoppelt mit der Entwicklung struktureller Formen zur Regulation in den Fordismus.

Die – wenn man so will – ursprüngliche Theorie der Regulation wurde im Laufe der Zeit modifiziert, fortentwickelt und ergänzt. Analog zu ihren Veränderungen und ihren wechselnden theoretischen Fundierungen können unterschiedliche Entwicklungsstränge ausgemacht werden. In Anlehnung an Jessop (1988a,b; 1990) können nach geographischen Gesichtspunkten kategorisierte Schulen unterschieden werden, wie a) die Pariser Schule (Centre ´d Etudes Prospectives d´Economie Mathématique Appliquées a la Planification – CEPREMAP), die b) Grenobler Schule (Groupe de Recherche sur la Régulation d´Economies Capitalistes – GGEEC) sowie die c) „Stamokap-Schule“ von Boccara, was nach Hübner (1989: 64f.) jedoch als Kategorisierungsschema wenig brauchbar ist, da die geographische Einteilung keine eindeutigen Aussagen über die theoretische Ausrichtung zulässt. Daher schlägt er eine Kategorisierung in wert- und preistheoretische Varianten vor, die auf die theoretische Fundierung der Ansätze hinweist. Basierte die Arbeit Agliettas wie alle werttheoretischen Ansätze auf der Annahme der Vermittlung der Regulation auf Basis der Produktpreisbildung und der Arbeitswerte, also auf einer theoretischen Dominanz des Lohnverhältnisses und der Produktionsgesetze, steht bei den preistheoretischen Ansätzen die Zirkulationssphäre im Vordergrund, also institutionelle Strukturen und individuelle wie kollektive Handlungsmuster im Vordergrund (vgl. Hübner/Mahnkopf 1988: 13, Hurtienne 1988: 200). So dominierten bereits kurz nach Agliettas Arbeit die preistheoretischen Konzepte, einzig die Arbeiten von Alain Lipietz und Robert Boyer blieben im wesentlichen der werttheoretischen Argumentation verhaftet.

Indes bedeutete die Neuauflage von Agliettas Arbeit (deusch: Aglietta 2000) sowie Beiträge von Lipietz (1998) und Boyer (2000) auch eine Neuausrichtung der französischen regulationstheoretischen Weltsicht, die anstelle der Notwendigkeit des Übergangs in den Sozialismus heute (im Groben) auf eine soziale Regulierung des Kapitalismus und die Potentiale verhandelter Mobilisierungsstrategien hinausläuft. Im Unterschied hierzu beurteilt Hirsch (1995: 156ff., 2003: 99ff.) den Postfordismus weitaus düsterer, indem er mit Aglietta dessen „hochgradig finanzgetriebenen Akkumulationsmodus“ (ebd. 101) herausstellt und dessen Folgen, die im wesentlichen in einem weiteren Schub der Durchkapitalisierung der Gesellschaft, der Vergrößerung der Ausbeutungsrate, einer Zunahme staatlich-repressiver Kontrollmechanismen sowie einer bewusstseinsbezogenen „Gleichausrichtung“ der zum ökonomischen Wettbewerb mobilisierten Bürger besteht, was schließlich in der Folge auf einen „zivilgesellschaftlichen Totalitarismus“ hinausläuft (ebd. 183).

Die bundesdeutsche Rezeption der Regulationstheorie beruht zum einen auf französisch-marxistischen Internationalisierungstheorien, die jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf die Theoriebildung ausüben konnten, und zum anderen auf einer „marxistischen Struktur- und Entwicklungstheorie“ (Hübner 1989: 14), als deren wichtigster Vertreter Joachim Hirsch (auch in Zusammenarbeit mit Roland Roth) gilt. Die Bedeutung seiner Arbeiten ist in dem Versuch zu sehen, das staats- sowie internationalisierungstheoretische Defizit der Regulationstheorie zu Überwinden, indem er es mit staats- und hegemonietheoretischen Konzepten Poulantzas‘, Gramscis und Laclau / Mouffes kombiniert und eine Theorie der internationalen Regulation entwirft.

 

 

Das Analyseinstrumentarium der Regulationstheorie

Die deskriptive Stärke der Regulationstheorie (die in ihrer einseitigen Betonung zuweilen auch beklagt wird) liegt in ihrem analytischen Begriffsinstrumentarium begründet, mit dem eine Kategorisierung gesellschaftlicher Strukturzusammenhänge in kapitalistischen Gesellschaftsformationen durchgeführt werden kann. Die genaue Verwendung dieses Begriffsinstrumentariums variiert innerhalb der einzelnen Schulen zwar geringfügig, ist aber in den theoretischen Grundbedeutungen weitgehend einheitlich. Mit staats-, hegemonie- und handlungstheoretischen Konzepten konnte das diesbezüglich zuweilen als defizitär beurteilte Begriffssystem der „klassischen“ französischen Regulationsansätze erweitert werden. Mit dem Konzept der „internationalen Regulation“ konnte schließlich auch die Fordismus-Zentriertheit des Ansatzes überwunden und das Analyseinstrumentarium damit universeller gestaltet werden. Die zentralen Begriffe sollen nachfolgend erläutert werden.

 

Das Akkumulationsregime

Der Begriff „Akkumulationsregime“ bezeichnet die spezifischen (makroökonomischen) Reproduktionsmuster einer Wachstumsperiode und versucht, die spezifischen Produktions- und Konsumnormen in einer historischen Phase zu erfassen und als Bestandteile der gesellschaftlichen Reproduktion zu integrieren. In einer (prominenten) Definition beschreibt Lipietz ein Akkumulationsregime als „Modus systematischer Verteilung und Reallokation des gesellschaftlichen Produktes, der über eine längere Periode hinweg ein bestimmtes Entsprechungsverhältnis zwischen den Veränderungen der Produktionsbedingungen (dem Volumen des eingesetzten Kapitals, der Distribution zwischen den Branchen und den Produktionsnormen) und den Veränderungen in den Bedingungen des Endverbrauches (Konsumnormen der Lohnabhängigen und anderer sozialer Klassen, Kollektivausgaben, usw. …) herstellt“ (1985: 120). Daran gebunden sind die Form der Kapitalreproduktion, die Form des Lohnverhältnisses, die spezifische Klassenstruktur der Gesellschaft sowie die Gestalt der (ökonomischen) Staatsinterventionen. Parallel zu einem Akkumulationsregime besteht ein industrielles Paradigma , also eine bestimmte (dominierende) Art und Weise der technischen und gesellschaftlichen Arbeitsteilung sowie betrieblichen Produktionsnorm (Massenproduktion, tayloristische Arbeitsorganisation etc.). Für den Bestand eines Akkumulationsregimes ist zum einen die Kompatibilität mit dem industriellen Paradigma notwendig, und zum anderen – in Bezug auf die gesellschaftlichen Beziehungen – eine soziale Regulierung, die seiner Struktur und Dynamik entspricht (Hirsch 1995: 49) und ohne die es zu einer säkularen Krise kommen würde, die mit der Auflösung eines Akkumulationsregimes oder dem Übergang in ein anderes verbunden ist. In einem Akkumulationsregime besteht so eine relative Kohärenz ökonomischer Prozesse, die Grundlage von Entwicklung ist: „A regime of accumulation explicits the whole set of regularies which allow a general and more or less consistent evolution for capital formation, i.e. which dampen and spread over time the imbalances which permanently arise from process itself“ (Boyer 1994: 107).

Aglietta (1979) konzipierte den Begriff als durch drei Aspekte gekennzeichnet , nämlich a) die Nutzung der Arbeitkraft in der Produktion (Festlegung Normalarbeitstag, Arbeitszeiten, Renteneinstiegsalter etc.), b) die Bestimmung des Lohnes (Lohnverhandlungen etc.) und c) die Reproduktion der Arbeiterklassen (Institutionalisierung sozialer Sicherheit, Konsumnormen). Weiterhin unterschied er in Bezug auf die Allokationsverhältnisse zwischen den Abteilungen gesellschaftlicher Produktion unterschiedliche Arten von Akkumulationsregimen. Das vorwiegend extensive Akkumulationsregime basiert auf der Mehrwertproduktion durch Transformation der Arbeitsbedingungen der Lohnabhängigen und ist durch einfaches Wachstum der Produktionsmittelproduktion (Produktions-Abteilung I) und der Konsumgüterproduktion (Abteilung II) gekennzeichnet, wobei letztere in der Tendenz jedoch geringer wächst, als erstere. Die Transformation der Arbeitsbedingungen dient dem Einsparen von Arbeit und dem Senken der Reallöhne. Demgegenüber beruht das vorwiegend intensive Akkumulationsregime auf einem Entsprechungsverhältnis des Wachstums von eingesetztem Kapital und der Kaufkraft der Lohnabhängigen, wobei es zu einer Veränderung ihres Lebensstils gemäß transformierter Konsumnormen kommt. Hier könne die Reallöhne erhöht und die Arbeitskraft weiter ausgebeutet werden, was durch die Erhöhung des allgemeinen materiellen Wohlstands abgefedert wird. Die weitere Verwendung dieser Konzeption, die von Aglietta nicht für eine Periodisierung der Geschichte kapitalistischer Gesellschaftsformen vorgesehen war, änderte sich im Laufe der Theoriegeschichte hin zu einer überwiegenden Auffassung der Kategorien als Realtypen (Hübner 1989: 84).

Die beiden Grundtypen von Akkumulationsregimes können darüber hinaus dahingehend spezifiziert werden, ob sie mit oder ohne Massenkonsum auftreten. Von besonderer Bedeutung ist dabei das dominant intensive Akkumulationsregime mit Massenkonsum, oder der „Fordismus“, der sich unter der globalen Hegemonie der USA im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg ausbilden konnte und durch ein weitgehendes Entsprechungsverhältnis von Produktions- und Konsumnormen gekennzeichnet war. Hierbei ist also das Entsprechungsverhältnis von investiertem Kapital und der Kaufkraft der Lohnabhängigen von entscheidender Bedeutung, wobei die Reproduktion der Arbeitskraft schließlich verwertungsrelevant wird. Die Allokation gesellschaftlicher Arbeit zwischen den Sektoren für Investitions- und Konsumgüter bestimmt in diesem Konzept die Reproduktionsstrukturen einer Gesellschaft. Damit gesellschaftliche Kohäsion erreicht wird, muss ein Akkumulationsregime in bestimmte strukturelle / institutionelle Formen eingebunden werden. Die Notwendigkeit der Artikulation beider Faktoren weist auf die zweite zentrale Kategorie der Regulationstheorie, die Regulationsweise.

 

 

Die Regulationsweise

Wie bereits erwähnt, muss ein Akkumulationsregime sozial reguliert werden um bestandsfähig zu bleiben. Das bedeutet, dass die Form des Lohnverhältnisses, der Kapitalreproduktion, der staatlichen Interventionen und der Integration in Weltmarktzusammenhänge derart reguliert werden müssen, dass eine Kohärenz der jeweiligen Gesellschaftsformation hergestellt wird. Hierzu muss der Akkumulationsprozess in ein Netz gesellschaftlicher Normen eingebettet sein, die sicherstellen, „daß sich die Menschen in Übereinstimmung mit den jeweiligen Bedingungen der Akkumulation verhalten, also entsprechende Arbeits-, Lebens- und Konsumweisen sowie bestimmte Formen der Interessenwahrnehmung praktizieren“ (Hirsch 1995: 48). Erst also die regulierende Einfassung des Akkumulationsprozesses in die gesellschaftliche Struktur macht diesen bestandsfähig, womit berücksichtigt wird, dass ökonomische Prozesse nicht nur durch den Markt, sondern gleichfalls durch die sozialen Institutionen einer Gesellschaft bestimmt werden. In einer ebenso prominenten Definition beschreibt Lipietz (1985: 121) die Regulationsweise als „die Gesamtheit institutioneller Formen, Netze, expliziter oder impliziter Normen, die die Vereinbarkeit von Verhältnissen im Rahmen einer Akkumulationsweise sichern, und zwar sowohl entsprechend dem Zustand der gesellschaftlichen Verhältnisse als auch über deren konfliktuelle Eigenschaften hinaus“. Die Regulationsweise stellt die Kompatibilität von potentiell konfligierenden, dezentralen Entscheidungen her und kontrolliert das Akkumulationsregime in Abstimmung mit den Erfordernissen des industriellen Paradigmas (Delorne 1992: 165ff.).

Das institutionelle System der Regulation umfasst in der am erweiterten Staat gramscianischer Prägung orientierten Auffassung Hirschs beispielsweise Unternehmen, ihre Verbände, Gewerkschaften, das politisch-administrative System, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen, die Medien, Vereine und selbst die Familie; es besteht aus den Netzwerken sozialer und kultureller Milieus und Diskursarenen, in denen gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen entwickelt werden (Hirsch 1995: 50, 2003: 56), während die französischen Regulationisten vorwiegend nur jene Institutionen einbeziehen, die unmittelbar die als zentral angesehenen Lohn- und Warenverhältnisse betreffen. Der methodisch-räumliche Bezugsrahmen ist dabei (ebenso wie der der anderen Schlüsselkategorien) zunächst von nationaler Reichweite, da auf diese Weise die Herausbildung spezifischer Artikulationsformen von Akkumulation und Regulationsweise überschaubar bleibt. Dennoch wurde durch das Konzept der internationalen Regulation (insbesondere bei Hirsch ) auch Internationalisierungsprozesse der Regulationstheorie zugänglich gemacht und die Fordismus-Zentriertheit (s.o.) des Ansatzes überwunden. Hübner (1989: 189) hat darauf hingewiesen, dass sich im Konzept der Regulationsweise allerdings ein „heimlicher Hang“ zur Gleichgewichtsorientierung ausdrückt, wie er – natürlich ungleich stärker ausgeprägt – in neoklassischen Gleichgewichtskonzepten zu finden ist. Dies sei Konsequenz des theoretischen Ausgangspunktes der Regulationstheorie, also des Axioms des Einflusses historischer gesellschaftlicher institutioneller Formen auf das individuelle und kollektive Handeln, und nicht etwa die Folge einer Entscheidung, eine Theorie des Ungleichgewichts zu formulieren.

Akkumulationsregime und Regulationsweisen befinden sich dabei in einem Artikulationsverhältnis zueinander, sind also nicht von einander ableitbar und sind auch nicht kausal von einander abhängig. Vielmehr muss sich zusammen mit dem Akkumulationsregime ein entsprechender Regulationszusammenhang ausbilden, der als Resultat sozialer Kämpfe in seiner konkreten Gestalt nicht vorbestimmt ist (Hirsch 2003: 57). Die Verknüpfung eines Akkumulationsregimes und einer korrespondierenden Regulationsweise erfolgt über institutionelle Formen, die als Regulative der gesellschaftlichen Beziehungen die Reproduktion eines Akkumulationsregimes innerhalb des zeitlich-historischen Wandels ermöglichen und die in ihrer Gesamtheit die Regulationsweise bilden. Boyer zufolge (1986: 49; nach Hübner 1989: 173) bezeichnet die institutionelle Form jede kodifizierte gesellschaftliche Beziehung, soweit sie über Regelmäßigkeit verfügt. Dabei bestimmt das soziale Verhältnis die Form der Interaktion von Individuen; ökonomische Aktivitäten erscheinen als ein Netzwerk aus sozialen Verhältnissen. Institutionellen Formen, die sich aus der Verallgemeinerung von zunächst vereinzelten Praktiken in einer Reihe sozialer Auseinandersetzungen herausgebildet haben, kommt dabei die Funktion zu, die sozialen Verhältnisse in ihrer konkreten Form zu regeln (vgl. Krebs / Sablowski 1992), sie „erbringen also für die Reproduktion von Akkumulationsregimes Regulationsleistungen“ (Hübner 1989: 175). Dies bedeutet jedoch nicht, dass institutionelle Formen nur aufgrund ihrer regulativen Leistung bestehen, vielmehr handelt es sich auch bei ihnen um kontingente „Fundsachen“.

Soziale Verhältnisse haben in der Regulationstheorie den Rang originärer Subjekte der Regulation. Konstitutiv für ein soziales Verhältnis ist seine Fähigkeit sich zu reproduzieren, wobei es den innerhalb dieser sozialen Struktur handelnden Akteuren zunächst als existent und darüber hinaus als natürlich erscheinen muss. Das soziale Verhältnis nimmt so die Form von durch akzeptierte Regeln mehr oder minder gesteuerten Gewohnheiten an, die schließlich seine institutionelle Form ausmachen. Diese wiederum korrespondiert in ihrer konkreten Gestalt mit den Interessen einer hegemonialen Gruppe, die über die Bestimmung der institutionalisierten Regeln das soziale Verhältnis formt. So kann Hegemonie verstanden werden als „Fähigkeit eines Modells sozialer Verhältnisse, sich als exemplarisch in einem Gemeinwesen oder Gesellschaften, die es noch nicht organisiert, durchzusetzen“ (Lipietz 1985: 111). Die verinnerlichten und institutionalisierten Normen und Regeln sind aufgrund der antagonistischen Interessen der Handelnden nicht stabil, sondern werden durch Vorschläge neuer Normen ständig in ihrer Existenz und Legitimation bedroht, was den latenten Krisenzustand sozialer Verhältnisse bedingt. So müssen soziale Prozeduren der Konfliktlösung nicht nur die Reproduktionsfähigkeit, sondern gleichfalls die soziale Realität des sozialen Verhältnisses sichern, was über den Mechanismus der Regulation geschieht (ebd.). Mit ihm wird die durch die Gegensätzlichkeit sozialer Verhältnisse bedingte Divergenz in einer Synthese aus Kampf und Einheit eingedämmt: „Es ist gerade diese Einheit [von Kampf und Einheit, FS], durch die die ‚Einheit‘ (der Elemente des Verhältnisses) aufrechterhalten wird – ungeachtet ihres ‚Kampfes‘ quer zu ihm. Und das ist es, was der Dialektiker als Regulation bezeichnet“ (Lipietz 1998: 94).

Beim Übergang zwischen zwei Akkumulationsregimen ändern sich damit auch die institutionellen Formen, die jeweils immer mit einem konkreten Akkumulationsregime verbunden sind und die sozialen Verhältnisse einer Gesellschaft in einer kohärenten Weise steuern. Dabei sind in der (klassischen) Regulationstheorie vier verschiedene gesellschaftliche Beziehungen zu unterscheiden, nämlich a) das Lohnverhältnis (bzgl. Produktion und Aneignung des Wertprodukts basierend auf der Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln), b) das Geldverhältnis (Verbindung der dezentralen ökonomischen Einheiten), c) das Konkurrenzverhältnis (Konzentration und Zentralisation von Kapital, Regelung der Preisbildung) und d) die Form des internationalen Regimes (Verbindung nationaler mit internationalen Akkumulationsregimen) (Hübner 1989: 174) . In einer weitergehenden Kategorisierung lassen sich diese gesellschaftlichen Beziehungen in Operations- und Handlungsprinzipien untergliedern, die sich in drei Gruppen systematisieren lassen (Boyer 1986: 59, nach Hübner 1989: 174): a) Regulation durch Zwang (symbolischer und direkter Zwang durch Gesetze führt zu spezifischem ökonomischen Verhalten kollektiver und individueller Akteure), b) Regulation durch institutionalisierte Kompromisse (gesellschaftliche Kompromisse auf Basis von Verhandlungen, die zur gegenseitigen Anerkennung von Konventionen führen) und c) gesellschaftliche Wertesysteme (Bestimmung kollektiven und individuellen Handelns durch Wertesysteme, religiöse und ethische Normen, ökonomische Erwartungen oder auch Umgangsformen).

Hier wird erneut kenntlich, dass das Regulationskonzept von Hirsch etwas weiter gefasst ist, als das der französischen Regulationisten. Die (konflikthafte) Regulation der Klassenbeziehungen erfolgt in seinem theoretischen Konzept in mannigfaltigen gesellschaftlichen Institutionen, die von großen Verbänden bis hinein in den Mikrokosmos der Familien reichen, und die alle in unterschiedlicher Intensität am Gesamtprozess der Interessenvermittlung beteiligt sind. Das institutionelle System der Regulation umfasst hier „das gesamte institutionell-normierte Geflecht, durch das hindurch sich die Reproduktion der Sozial- und Klassenbeziehungen vollzieht“ (Hirsch 1990: 57).

 

 

Entwicklungsmodelle

Die sich gegenseitig ergänzende Kombination eines Akkumulationsregimes, eines industriellen Paradigmas und einer Regulationsweise, die nicht von einander ableitbar, jedoch aufeinander bezogen sind, bildet einen Gesamtkomplex, der als Entwicklungsmodell bezeichnet wird. So ist das Entwicklungsmodell „zusammen mit seinem Industrialisierungsmodell [= industrielles Paradigma; FS], seinem Akkumulationsregime und seiner Regulationsweise, das ungewollte Ergebnis von sozialen Kämpfen wie auch von ideologischen Konflikten, in denen nicht nur soziale Klassen einander gegenüberstehen, (…) sondern auch unterschiedliche Meinungsrichtungen innerhalb jeder einzelnen“ (Lipietz 1992b: 195). Kann sich ein Entwicklungsmodell auf Basis einer gut funktionierenden Regulationsweise im regionalen oder nationalen Raum erfolgreich etablieren, besteht zudem die Chance, auch im internationalen Maßstab eine hegemoniale Position einzunehmen und so durch die Bestimmung ökonomischer und technologischer Normen die Ressourcen anderer Länder gewinnbringend auszubeuten (Hirsch 1995: 68).
Im Entwicklungsmodell werden alle Strukturdimensionen zusammenfassend kombiniert, was letztlich die Kategorisierung historischer kapitalistischer Formationen ermöglicht und damit jedoch Entwicklungssystematiken ermöglicht, die der Grundauffassung der historisch-materialistischen Auffassung von der gesetzmäßigen Entwicklung kapitalistischer Gesellschaften diametral zuwiderläuft (vgl. Häusler / Hirsch 1987: 651f.). Im Zentrum der regulationstheoretischen Forschung standen im wesentlichen zwei Entwicklungsmodelle: das dominant extensive Akkumulationsregime ohne Massenkonsum mit kompetitiver Regulation und das dominant intensive Akkumulationsregime mit Massenkonsum und monopolistischer Regulation. Letzteres kennzeichnet das erfolgreiche Modell des Fordismus, der im Anschluss kurz skizziert wird.

 

Der „Fordismus“

Wenn auch das „Goldene Zeitalter“ nach dem Zweiten Weltkrieg nicht das einzige oder erste stabile Entwicklungsmodell in der Geschichte kapitalistischer Gesellschaftsformationen war, so rückte er doch in das Zentrum regulationstheoretischer Betrachtungen und ist als historische Ära selbst im heutigen Alltagsleben noch insofern relevant, als sich ein wesentlicher Teil des Ausmaßes gegenwärtiger sozio-ökonomischer und kultureller Wandlungen nur im Vergleich zu ihm erfassen lässt. Diese bis dahin einmalige Prosperietätsphase mit einer weiten Ausbreitung von Wachstum und Wohlstand, die sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges unter der (nicht zuletzt militärisch bedingten) hegemonialen Position der USA durch die international kooperierende westliche Staatenwelt zog, geriet erst Ende der 1960-er Jahre allmählich, und mit der Weltwirtschaftskrise von 1973 dann stetig in seine eigene Krise.

Aglietta zufolge basierte die globale Hegemonie auf ihren innerstaatlichen Produktionsverhältnissen, ihrem historischen Vorsprung von der extensiven zur intensiven Mehrwertproduktion und auf der daraus resultierenden Tendenz zur Angleichung der gesellschaftlichen Produktions- und Austauschbedingungen (Aglietta 1979: 72, 104; nach Röttger 1997: 96f., vgl. Hirsch 1995: 75). Bei der internationalen Verbreitung der extensiven Mehrwertproduktion kam es zu einer gleichzeitigen Ausrichtung der Interessen des Kapitals sowie der Gewerkschaften und des Staats an Kriterien möglichst hohen Wachstums und damit zur Herausbildung eines extensiven Akkumulationsregimes, in dem kommodifizierte Konsumnormen vorherrschten. Auf diese Weise entwickelte sich durch die Erhöhung der Produktivkraft ein Entsprechungsverhältnis von massenhafter Produktion und massenhafter Konsumtion von überwiegend standardisierten Konsumgütern auf Seiten der Produktivkräfte. Ihre Reproduktion und der damit verbundene Konsum (bzw. ihre Reproduktion auf Basis von Konsumtion), wurde so zu einem wesentlichen Bestandteil der Kapitalverwertung (Hirsch 1995: 76). Produktivitätsgewinne wuchsen zusammen mit den Realeinkommen an und bildeten die Grundlage für ein hohes allgemeines Wohlstandsniveau und weitgehende soziale Sicherheit, die durch den Aufbau leistungsfähiger sozialstaatlicher Einrichtungen zur Absicherung der nunmehr ebenfalls „standardisierten“ Lebensrisiken in hohem Maße aufrecht erhalten werden konnte. Im Gegensatz dazu bedeuteten die damit verbundenen tiefgreifenden gesellschaftsstrukturellen Veränderungen tiefe Einschnitte in die Lebensverhältnisse, insbesondere von hauswirtschaftlichen und kleinbäuerlichen Produktionsformen, die ihre Konkurrenzfähigkeit angesichts der in Großbetrieben unternommenen standardisierten Massenproduktion einbüssten. Der Fordismus kann so als Kombination eines industriellen Paradigmas, beruhend auf einer tayloristischen Arbeitsorganisation und Mechanisierung, eines Akkumulationsregimes mit steigender Produktivität und höheren Skalenerträgen (durch das industrielle Paradigma begrünet), einem durch Profite erzeugten Investitionsanstieg und einem Kaufkraftanstieg der Lohnempfänger, sowie einer Regulationsweise, die im wesentlichen aus einem hohen Staatsinterventionismus, dem kollektiven Aushandeln von Lohnabschlüssen, sozialstaatlichen Umverteilungen, starken Parteien und Gewerkschaften besteht (vgl. u.a. Lipietz 1991a: 81, Hirsch 1995: 78, Hirsch / Roth 1986: 64ff.), was in etwa den vier von Boyer angegebenen Strukturdimensionen des Fordismus entspricht (Hübner 1989: 245f.; dort mehrere Literaturverweise). Die Staatstätigkeit erreichte ein vergleichsweise hohes Niveau, was den Einfluss staatlicher Institutionen auf alle Bereiche der Gesellschaft anbelangt. Die „Durchstaatlichung“ der Gesellschaft, die sich in der zentralisierten Normierung und Steuerung vieler Lebensbereiche ausdrückte, weist auf den im Fordismus vorherrschen Staatstypus hin, nach Hirsch dem „fordistischen Sicherheitsstaat“, der als „‚Sicherheitsstaat‘ im doppelten Sinne des Wortes [auftritt, FS]: als ‚Wohlfahrts‘ – und als ‚bürokratischer Kontroll- und Überwachungsstaat‘ „(Hirsch 1995: 79; Herv. i. Orig.).

 

 

Die Krise des Fordismus

Die erste große säkulare Krise der Nachkriegszeit wurde mit dem Rückgang der Kapitalrentabilität Ende der 1960-er Jahre eingeleitet, in deren Gefolge es zu einem Rückgang der Profitraten, einer Aufzehrung der Produktivitätsreserven, einer Erhöhung der Inflationsraten sowie zu einer Krise der nationalen und internationalen politischen Institutionen kam (vgl. u.a. Hirsch 1995: 83ff., Hirsch / Roth 1986: 29ff., Lipietz 1985: 126, Altvater 1992: 135ff.). Der Rückgang der Arbeitsproduktivität wurde zunehmend dysfunktional für den vorherrschenden keynesianisch-sozialstaatlichen Modus der institutionalisierten staatlichen Regulation, und die in der Hoffnung auf wieder steigende Staatseinnahmen eingegangenen Verschuldungen durch die Regierungen führte angesichts einer ausbleibenden Konjunkturerholung und fehlender Realinvestitionen der Unternehmen, insgesamt also wegen viel zu geringer Soziaproduktzuwächse, zu immensen Staatsverschuldungen, die ihrerseits wieder nach höheren Profitraten verlangten. Diese Situation mündete in eine Stagflation, in der eine Stagnation von Produktivität und Wachstum mit gleichzeitig wachsender Inflation einhergingen. So gerieten die einstmals leistungsfähigen und auf soliden finanziellen Fundamenten stehenden wohlfahrtsstaatlichen Einrichtungen nicht nur in finanzielle, sondern auch in ideologische Bedrängnis: „Rapidly rising levels of social expenditure were seen not as a way of generating ‚human capital‘, but as an economic disincentive to both capital and labour“ (Pierson 1994: 98). Eine weitere Ursache für diese „multifaktoriell“ bedingte Krise wird im Nachlassen der ideologischen Bindewirkung des reglementierenden und normierenden fordistischen „Sicherheitsstaats“ gesehen, der in einer Situation des kulturellen Wertewandels das herrschende Gesellschaftsmodell immer weniger zu stabilisieren in der Lage war (Hirsch / Roth 1986: 146ff.).

Allerdings waren die Uraschen und Folgen der Krise nicht auf den nationalstaatlichen Rahmen begrenzt; vielmehr unterlag auch das System der internationalen Regulation einem krisenhaften Wandel, der in die nationalen Regulationsräume hineinstrahlte und die dort ansässigen Krisentendenzen beförderte. Gleichwohl bestand zwischen den einzelnen Ursachen nicht zwingend ein Kausalverhältnis, obgleich sich die verschiedenen „Krisenherde“ wechselseitig verstärkten und so die globale Krise des Fordismus vorantrieben. So untergrub die von den (ökonomisch sehr konkurrenzfähigen) USA ausgehende Orientierung an einer Politik der internationalen Liberalisierung der Märkte den binnenmarktorientierten Akkumulationsmodus des Fordismus, was zu einer ökonomischen Einflusssteigerung multinationaler Konzerne, zur Erhöhung der Bedeutung des nationalen Exportsektors und auch zur Abhängigkeit der Masseneinkommen von den Verwertungsbedingungen des Kapitals führte – was die Lohnhöhe zu einem immer wichtigren Kostenfaktor im aufkeimen Wettbewerb der Standorte machte (Hirsch 1995: 84).

Die „große Krise“ ist dennoch auch eine Krise der internationalen Hegemonie der USA, in der aufgrund ihrer wachsenden Staatsverschuldung die auf das GATT gestützte internationale Liberalisierungspolitik, die sie nur aufgrund ihrer ökonomischen wie auch ideologisch-politischen Stärke in der Blockkonfrontation befördern konnten (vgl. Altvater / Mahnkopf 1996: 471), sich insofern gegen sie selbst zu wenden begann, als sich die USA in ihrer haushaltspolitisch brisanten Position neu aufkeimenden und vergleichsweise starken ökonomischen Wirtschaftsräumen stellen mussten. Die Konfrontation mit den neuen kapitalistischen Zentren, vorwiegend in Gestalt des europäischen und des ostasiatischen Wirtschaftsraumes, traf schließlich auf die zunehmend undisziplinierte Geldpolitik der USA infolge ihrer gigantischen Militärausgaben durch den Vietnamkrieg. So konnte schließlich auch der US-Dollar seine (auch in politisch-ideologischer Hinsicht wichtige) Funktion als Weltgeld im Weltwährungssystem von Bretton-Woods nicht mehr beibehalten, woraufhin auch das System der internationalen Regulation des Fordismus mit dem Bretton-Woods-System zusammenbrach. Der Auslöser dieses Zusammenbruchs war also eine prekäre Geldpolitik unter Präsident Nixon, der einerseits eine Politik des knappen Geldes verfolgen musste um die vereinbarten festen Paritäten nicht zu gefährden, andererseits aber gezwungen war, genügend Geld zur Aufrechterhaltung der internationalen Liquidität der USA bereitzustellen. Die wahltaktisch motivierte Entscheidung Nixons für einen expansiven Wirtschaftskurs bei gleichzeitiger Lockerung von Kapitalverkehrskontrollen mündete so in eine Zahlungsbilanzkrise, der versucht wurde, mit dem Aussetzen der Geldeinlösbarkeit des US-Dollars zu begegnen (Scherrer 1999: 185).

Das System der festen und kontrollierten Wechselkurse brach zusammen und wurde durch ein neues System der nunmehr freien internationalen Währungsbeziehungen ersetzt; insgesamt zog der Funktionsverlust des Systems der internationalen Regulation schließlich einen Bedeutungszuwachs privater Banken und Finanzunternehmen in der Steuerung des internationalen Geld- und Devisenverkehrs nach sich – und damit auch dessen Ausrichtung an kurzfristigen Profitinteressen (Hirsch 1995: 86).

 

 

Was kommt nach dem „Golden Age“?

Die terminologische und auch konzeptionelle Uneinigkeit der regulationstheoretischen Ansätze bezüglich dem Ausmaß und dem Andauern der nachfordistischen Krise und der möglichen sukzessiven Konsolidierung eines neuen Entwicklungsmodells, die sich nach einem eventuellen Ende der „großen Krise“ möglicherweise andeutet, drückt sich in der vorsichtigen Vorläufigkeit des Präfix „Post“ in der einschlägigen Terminologie aus . Bei aller Zurückhaltung und Kritik am Konzept des Postfordismus lässt sich zumindest weitgehende Einigkeit in der Feststellung finden, „(…) that this process of transition can be best summarised as the general displacement of the rigidities of Fordism with the logic of flexibility under a post-Fordist regime“ (Pierson 1994: 99, Herv. i. Orig.). So lassen sich die Konturen eines postfordistischen Akkumulationsregimes in der Abkehr von massenkonsumgestützter Massenproduktion und der Hinwendung zu flexibler und (kurzfristig-) bedarfsorientierter Güterproduktion erkennen. Dennoch bleibt ein gewisser Grad an Massenproduktion und -konsumtion erhalten, der jedoch durch die Vervielfältigung des Angebots den Wünschen der individualisierten Konsumentenschichten nach konsumorientierter Selbstfindung und sozialem „Distinktionsverhalten“ gerecht wird , indem das „Immergleiche in unzähligen Designvarianten“ (Hirsch 1995: 128) angeboten wird (vgl. auch Warde 1994). Innerhalb der Märkte wie aber besonders auch innerhalb der Betriebe und Konzerne (vgl. Altvater / Mahnkopf 1997: 359) sorgte eine Intensivierung der Konkurrenz für die Mobilisierung von Produktivitätsreserven, und mit der Steigerung der Effizienz der Arbeitskraft durch Flexibilisierung des Arbeitsprozesses (vgl. Jessop 1994: 19, Strutynski 1996: 703), der weitgehenden Automatisierung von Arbeitsprozessen und der Optimierung von Produktionsprozessen (Stichworte: lean production, just-in-time production, outsourcing, „Toyotismus“ u.ä.) (vgl. Tomaney 1994) wurde einem rasanten Anstieg der Massenarbeitslosigkeit ebenso Vorschub geleistet, wie dem Aufkommen eines Dienstleistungs- und Zuarbeitungs-Sektors, in dem vorwiegend gering qualifizierte Arbeiter mannigfaltige Hilfstätigkeiten verrichten.

In räumlicher Hinsicht ermöglichte die zunehmende Internationalisierung des Kapitals auf Basis des Abbaus von Kapitalverkehrskontrollen und der Liberalisierung der Güter- und Dienstleistungsmärkte sowie technologischer Schlüsselinnovationen im Bereich der Kommunikations- und Datenverarbeitungstechnik eine räumliche Zerlegung der Produktion, wobei sich im nun entstehenden „Standortwettbewerb“ sozialstaatliche Einrichtungen sowie die Lohnhöhe als investitionshemmende Belastungen erweisen. Die Rolle des Staates erfährt eine entscheidende Wendung, denn er ist nun nicht mehr der autonom intervenierende „Sicherheitsstaat“, sondern sieht sich bei ökonomisch durchlässigen Grenzen einer Vielzahl politischer und ökonomischer Mitspieler gegenübergestellt, innerhalb derer politische Entscheidungen durch Verhandlungen und weniger durch legislative und administrative Steuerung herbeigeführt werden (Hirsch 2001: 191). In dieser Situation und mit Blick auf die Imperative systemischer Wettbewerbsfähigkeit identifiziert sich der Staat tendenziell mit den Interessen der Unternehmen, zu denen er ein kooperatives Verhältnis eingeht, und trägt mit der Mobilisierung ökonomisch-technischer und sozio-kultureller Ressourcen im Rahmen angebotsorientierter Wirtschaftspolitiken zur Unterstützung unternehmerischer Interessen bei (ebd.). Jessop (1996: 58ff., vgl. 1994: 23ff.) benennt sechs Wirtschaftstendenzen , die auf den Staat einwirken und so die Transformation des fordistischen keynesianischen Wohlfahrtsstaats zum (postfordistischen) schumpeterianischen Leistungsstaat bewirken, der zwar durch die Durchlässigkeit seiner Grenzen als „ausgehöhlter“ Nationalstaat an Handlungsfähigkeit und relativer Autonomie verloren hat, dennoch aber den Erfordernissen der strukturellen Konkurrenzfähigkeit im internationalen System sowie der strategischen Anpassung der Sozialsysteme vor dem Hintergrund einer neuen Akkumulationsweise Rechnung trägt. Denn „(…) it’s concern with structural competitiveness recognises the changing terms and conditions of international competition as well as its increased significance; its restructuring and reorientation of social reproduction towards flexibility and retrenchment signifies its awareness of the post-Fordist paradigm shift as well as the impact of money and wages; and its complex ‚hollowing out‘ reflects the complex dialectic between globalisation and regionalisation“ (Jessop 1994: 27).

Die postfordistische Regulationsweise, auch wenn sie sich in einem noch „nicht abgeschlossenen Suchprozess“ (Alnasseri et al. 2001: 34) allenfalls andeutet, zeichnet sich innerhalb des Nationalstaats im wesentlichen in der Restrukturierung der sozialstaatlichen Systeme und einer Anpassung wirtschaftspolitischer Paradigmen an eine globale Wettbewerbssituation aus. Darüber hinaus kann aber auch eine Erosion des staatlichen Rechts festgestellt werden, in der die an Bedeutung zugenommenen privaten Standardisierungs- und Regulierungssysteme mit faktisch normsetzender Kompetenz (wie etwa Rating-Agenturen) an die Seite der staatlichen Rechtssysteme treten (Hirsch 2001: 192). Auch auf internationaler Ebene entstehen neue regulative Instanzen, die zusammengenommen ein institutionalisiertes Regulationssystem ausbilden, das weniger durch hierarchische als durch verhandlungsorientierte Strukturen gekennzeichnet ist. Internationale Regulation findet so in einem System der „Global Governance“ statt, in der Nationalstaaten mit unterschiedlichen anderen Akteuren auf ebenso unterschiedlichen Verhandlungsebenen in horizontaler oder vertikaler Konstellation interagieren. So werden räumlich-sozial differenzierte Regulierungszusammenhänge in komplexen Steuerungs- und Verhandlungszusammenhängen innerhalb politischer Mehrebenensysteme gesteuert (ebd. 193). Trotz dieser Diffusion postfordistischer Staatlichkeit in den Mehrebenen-Verhandlungssystemen der zunehmend globalisierten Welt verliert der Staat nicht zwingend an Wirkmacht, sondern bleibt ein durchweg intervenierender und kontrollierender Staat, wobei lediglich die Akzentuierung dieser repressiven Staatstätigkeit geändert ist. So führen die notwendigen Strukturanpassungen im Zuge der Weltmarktkonkurrenz, die inneren und äußeren Konflikte des nationalstaatlich gegliederten globalen Systems, die Folgen sozialer Desintegration, die im Verlauf angebotsorientierter Paradigmen transformierten Sozialpolitiken sowie die Fragmentierung und Heterogenisierung der Gesellschaften zu einer vertieften Durchstaatlichung der Gesellschaft, weil Kompatibilität mit einem nun international gewendeten Akkumulationszusammenhang hergestellt werden muss: „Grundsätzlich können wir davon ausgehen, daß sich die postfordistische und postkeynesianische Herrschaftsform entgegen aller neoliberaler Versprechungen keineswegs auf einen schwachen, zurückgenommenen, den ‚Marktkräften‘ wieder unbehinderten Spielraum gebenden Staat stützen wird, sondern im Gegenteil eher auf einen stärkeren, gegenüber relevanten gesellschaftlichen Interessen weiter verselbständigten, vielfach intervenierenden und nach innen wie außen hochgradig bewaffneten“ (Hirsch / Roth 1986: 142). Die sich abzeichnende postfordistische Regulationsweise trägt demnach einem neuen Akkumulationsmodus in der Weise Rechung, dass bei forcierter Kontrolle nach Innen eine Regierungstätigkeit auf Basis von Verhandlungssystemen entfaltet wird, die in ihren – nicht nur im territorialen Sinne gemeinten – Außenbeziehungen Einfallstore für policies öffnet, die die nationalen Legislativen prinzipiell umgehen können.

 

 

Nur eine Fordismus-Theorie? „Wunde Punkte“ im Regulationsansatz und ihre Überwindung

Wie schon dargestellt, sind einige Defizite der Regulationstheorie im Fehlen einer expliziten Staatstheorie, ihrem tendenziellen Etatismus, ihrer „soziologischen Lücke“ und ihrer defizitären handlungstheoretischen Fundierung zu sehen, was letztlich dazu führt, dass Formen von Herrschaft, Staat und Politik nur den (unbefriedigenden) Rang einer theoretischen black-box einnehmen können und daher auch nicht zufriedenstellend geklärt werden kann, was das konflitktorische System der Regulation letztlich zusammenhält und bestandsfähig macht oder wie die konkrete politisch-ideologische Ausrichtung von Transformationsprozessen zustande kommt (Hirsch 1990: 26). Diese Defizite waren Gegenstände theoretischer Modifikationen und Ergänzungen des Theoriegebäudes, was zusätzlich auf die Heterogenität des regulationstheoretischen Ansatzes hinweist, zumal zentrale Begriffe mit stark unterschiedlicher Nuancierung verwendet werden. Insbesondere der Staats- und der Hegemoniebegriff stehen hier im Mittelpunkt des Interesses, wobei letzterer eine Schlüsselkategorie im regulationstheoretischen Begriffsinstrumentarium einnimmt.

Die theoretischen Defizite erhalten vor allem bei der Analyse einer postfordistischen Gesellschaftsformation von globaler Dimension eine erhöhte Relevanz, da die „etatistische Orientierung (…) für die traditionell regulationstheoretische Analyse [bedeutet, FS], daß die sozioökonomischen und politischen Umbrüche allein als Erosionserscheinungen der fordistischen Epoche analysiert und auf den Begriff gebracht werden können“ (Röttger 1997: 102). Die Optimierung ihres Analyseinstrumentariums erfordert so ihre theoretischen Neufundierung, die eine Analyse des postfordistischen und weltmarktgestützten Akkumulationsmodus ermöglicht.

 

 

Hegemonie

Der Hegemonie-Begriff entstammt einer langen theoretischen Tradition, die bis Lenin zurückreicht und die von Antonio Gramsci, der in seinen Arbeiten kritisch auf jenen Lenins aufbaute, entscheidend geprägt wurde. Während Lenin Hegemonie noch hauptsächlich als „Diktatur des Proletariats“ thematisierte und Formen bürgerlicher Herrschaft ausblendete, konzipierte Gramsci Hegemonie als (bürgerliche) Herrschaftsform, die zwar auf Zwang – ausgeübt durch die herrschende Klasse – beruht, jedoch auch den Konsens, die Zustimmung der beherrschten Klasse ebenso einbezieht, wie die Fähigkeit der herrschenden Klasse, Konzessionen im Dienste letztlich stabilisierender Kompromisse einzugehen. Um ihre Machtposition zu festigen, geht die herrschende Klasse zudem Bündnisse mit anderen Gruppen und Klassen ein und bildet somit einen historischen Block, in dem sich sozioökonomische Basis sowie politische und zivile Gesellschaft vereinen: „Die Basis und die Überbauten bilden einen ‚historischen Block‘, d.h. das komplexe und uneinheitliche Ensemble der Überbauten ist der Reflex des Ensembles der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen. Daraus folgt, daß nur ein vollständiges System der Ideologien den Widerspruch der Basis rational widerspiegelt und die Existenz objektiver Bedingungen für die Umwälzung der Praxis darstellt. Wenn sich eine ideologisch hundertprozentig homogene gesellschaftliche Gruppe bildet, bedeutet das, dass die Voraussetzungen für diese Umwälzung hundertprozentig bestehen, d.h. daß das ‚Rationale‘ faktisch und aktuell real ist. Die Reflexion basiert auf der notwendigen Wechselbeziehung zwischen Basis und Überbauten (…)“ (Gramsci 1977: 1051f; zit. n. Kebir 1991: 85). Hegemonie entfaltet sich dabei im erweiterten oder integralen Staat, der bei Gramsci nicht mehr bloß der „geschäftsführende Ausschuss der herrschenden Klasse“ ist, sondern ein Konglomerat aus Zivilgesellschaft und politischer Gesellschaft , „(…) in dem Sinne, könnte man sagen, daß Staat = politische Gesellschaft + Zivilgesellschaft, das heißt Hegemonie, gepanzert mit Zwang (…)“ (Gramsci 1977: 783) ist.

Gramscis Zivilgesellschaft ist der Ort der Konstitution und des Kampfes der Hegemonie, sie besteht aus kulturellen Institutionen und Praxen und umfasst Parteien, Verbände, Gewerkschaften, Medien, die Kirche, Vereine etc.. Die hegemoniale „Besetzung“ der Zivilgesellschaft erfordert somit einen breiten Konsens und die Durchsetzung einer ideologischen Deutungshoheit, die schließlich politische Herrschaft ermöglicht, die aber stets mehr ist, als die bloße Kontrolle der staatlichen Apparate. Tiefgreifende Veränderungs- und Anpassungsprozesse an neue hegemoniale Konfigurationen erfasst Gramsci mit dem Konzept der passiven Revolution, in der die herrschenden Klassen Revolutionen durch die beherrschten Klassen ausschließen und durch den Einsatz staatlicher Zwangsmittel sowie zivilgesellschaftlicher Hegemonialkraft neue gesellschaftliche Konfigurationen unter Beibehaltung ihrer eigenen Stärke ermöglichen. Gramscis passive Revolution ist damit ein Konzept – und hier soll dieser kleine Exkurs verlassen und der Kreis zur Regulationstheorie geschlossen werden – „mit dem die Durchsetzungsform eines kapitalistischen Vergesellschaftungszusammenhangs entschlüsselt werden kann und so Umbrüche innerhalb der kapitalistischen Formationsgeschichte marxistisch bestimmt werden können“ (Röttger 1997: 137). Denn das traditionelle, etatistisch orientierte Begriffsinstrumentarium der Regulationstheorie erwies sich insbesondere bei der Analyse postfordistischer, weltmarktvermittelter Regulation als „komplexe Durchsetzungsform kapitalistischer Vergesellschaftung“ (ebd. 102) als unzureichend, „weil der Hegemoniebegriff zu eng an die im Fordismus über den Nationalstaat organisierten Klassenverhältnisse gebunden bleibt. Eine Erneuerung des regulationstheoretischen Forschungsprogramms setzt daher voraus, einen Begriff von Hegemonie zu entwickeln, der erlaubt, Prozesse kapitalistischer Vergesellschaftung und Re-Artikulation des Verhältnisses von Ökonomie und Politik zu analysieren (…)“ (ebd.).

Allerdings setzt der Hegemonie-Begriff nicht nur in der Makroperspektive kompletter Gesellschaften an, sondern bereits viel früher, im Mikrokosmos sozialer Verhältnisse, bei denen die Frage gestellt wird, wie sie sich trotz ihrer konfliktorischen Gestalt gleichmäßig reproduzieren können und Beständigkeit entwickeln. Wenn aus der Verallgemeinerung zunächst molekularer Praktiken ein Muster mit Regelmäßigkeit entsteht, verweist die normsetzende und handlungsleitende Form auf Hegemonie, die dann in der Fähigkeit eines Modells sozialer Verhältnisse zu finden ist, sich als exemplarisch innerhalb einer Gemeinschaft durchzusetzen (Lipietz 1985: 111, vgl. Sablowski 1994, Krebs / Sablowski 1992). Hegemonie erhält hier den Status einer „Übereinstimmung“ der Handelnden bezüglich der Legitimität des Fortbestandes des sozialen Verhältnisses (Lipietz 1998: 87), die sich trotz dessen konfliktorischen Charakters als bewährt erweist. Im Falle einer (immer wahrscheinlichen und sogar latenten) Krise helfen Regulationsmechanismen die Reproduktion von sozialen Verhältnissen zu sichern; ihre institutionellen Formen finden sich politisch materialisiert im (erweiterten) Staat. So bauen sich komplexe strukturelle Muster auf, innerhalb derer sich die zufälligen Einzelhandlungen der Individuen zu gesellschaftlicher Bewegung aggregieren (vgl. Sablowski 1994: 149, dort auch weitere Literaturverweise). Individuelle und kollektive Handlungen beziehen sich aufeinander und stabilisieren somit Verhaltensorientierungen und -erwartungen.

Die Regulationsweise kann Krisen durch ihre institutionellen Mechanismen begegnen, dennoch bedarf es eines darüber hinausgehenden „Konsenses“, der die sozialen Praktiken legitimiert und absichert (Hirsch 2001: 64). Die hegemoniale Struktur verleiht der ökonomischen und politisch-ideologischen Reproduktion einer Gesellschaftsformation unter der Dominanz einer herrschenden Klasse eine hinreichende Stabilität (Häusler / Hirsch 1987: 653, vgl. Häusler / Hirsch 1986: 38f.). So hat jede kapitalistische Gesellschaftsformation eine spezielle hegemoniale Struktur , die durch besondere Formen der Auslegung und Deutung von Klassenverhältnissen sowie ihrer institutionellen und normativen Reproduktion gekennzeichnet ist (ebd.). Die herrschende hegemoniale Struktur, die Bewusstsein wie auch Wahrnehmung der Akteure prägt, manifestiert sich in den staatlichen Institutionen und bildet dort die Grundlage legislativer und administrativer Entscheidungen (Hirsch 2001: 195). So weist die Form die Form des Staates (s.u.) strukturell bereits auf die politische Dominanz der herrschenden Klasse hin, wobei ihre Hegemonie schließlich durch ihre Gestaltungskraft in den politisch-ideologischen Auseinandersetzungen in den Apparaturen des erweiterten Staats gesichert wird, indem die Politikformulierung entscheidend modifiziert wird. Der legitimierende Charakter der Hegemonie wirkt so auf der Mikroebene sozialer Verhältnisse, der Makroebene gesellschaftlicher Institutionen und auf der Mesoebene, der Vermittlung zwischen beiden.

 

 

Staat und Regulationstheorie

Die Diskussion des Verhältnisses von (staatlicher Organisationsform der) Politik und Ökonomie erfordert immer auch ein Verständnis dessen, was beide soziale Kategorien trennt oder vereint, bzw. welches Bedingungsverhältnis zwischen ihnen besteht. Hierbei muss von der Frage ausgegangen werden, „weshalb die bürgerliche Gesellschaft, deren Reproduktionsprozeß in der scheinbar sachlichen (ökonomischen) Vermittlung des Wertgesetzes reguliert wird, eines äußerlichen Verhältnisses von Politik und Ökonomie bedarf“ (Blanke et al. 1975: 415; Herv. i. Orig.). Im Gegensatz zur modernen bürgerlichen Erklärung des Staates als institutionelles und über die Volksherrschaft legitimiertes Institutionengefüge mit nach innen gerichtetem Gewaltmonopol und nach außen gerichteter Souveränität, thematisieren neo-marxistische Staatstheorien strukturelle Abhängigkeiten des Staates von gesellschaftlichen Interessen und sozialen Beziehungen sowie die gewaltförmige Stabilisierung strukturell konflikthafter Gesellschaftszusammenhänge. Dabei legte dieser Theoriestrang einen weiten epistemologischen Weg zurück und ließ dabei auch die reduktionistische Vorstellung von „Basis und Überbau“ zurück, in der die Gesellschaft in die klar unterscheidbaren und von einander abgegrenzten Sphären der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse (Basis) sowie der staatlichen, rechtlichen, politischen und ideologischen Institutionen (Überbau) unterteilt und der Staat dabei als „geschäftsführender Ausschuss der herrschenden Klasse“ (Marx) oder als bloßes Instrument der Klassendiktatur (Lenin) angesehen wurde. Die o.g. Ausführungen über den Begriff der Hegemonie deuten jedoch bereits an, wie mit einem „integralen“ Theorieansatz die Dichotomie von Staat und Ökonomie, allgemeiner von Staat und Gesellschaft, aufgehoben werden kann.

Zur Überwindung ihrer Defizite hat Joachim Hirsch eine tiefreichende staatstheoretische Fundierung der Regulationstheorie unternommen, die sich in weiten Bereichen auf die Staatstheorie des Althusser-Schülers Nicos Poulantzas und die materialistische Staatsableitung beruft. In dieser Sichtweise erscheint der Staat nicht als Subjekt, sondern als „Kristallisationspunkt komplexer, sowohl legitimatorischer wie repressiver Beziehungen zwischen allen Klassen und Klassenfraktionen, als Terrain sozialer Konflikte und Kämpfe“ (Hirsch 1990: 44). Der kapitalistische Vergesellschaftungsmodus, der auf der Trennung der unmittelbaren Produzenten von den Produktionsmitteln und einen auf Privatproduktion und Lohnarbeit basierenden, durch Warentausch vermittelten ökonomischen Reproduktions- und Ausbeutungsprozess beruht, ist in doppelter Hinsicht prinzipiell prekär (Antagonismus Kapital – Lohnarbeit, Konkurrenz zwischen den Kapitalfraktionen) und muss daher gewaltförmig stabilisiert werden (ebd. 43). Da sich die ökonomisch herrschende Klasse das Mehrprodukt jedoch nicht durch unmittelbare Gewaltanwendung, sondern über den Weg des marktbasierten Warentauschs einschließlich seiner flankierenden Bedingungen aneignen kann, muss die den Vergesellschaftungsmodus stabilisierende physische Zwangsgewalt außerhalb aller sozioökonomischen Klassen institutionalisiert werden. Die Besonderung des Staates von den gesellschaftliche Klassen wird so zum Formmerkmal des kapitalistischen Staats (vgl. Hirsch 1974: 14ff., Hirsch 1995: 19, Jessop 1982). Ähnlich argumentiert Lipietz, der feststellt, dass die in einer Gesellschaftsformation dominierende Produktionsweise, wenn sie auf Ausbeutung und Herrschaft basiert, den Staat als mit physischen Gewaltmitteln ausgestattetes Herrschaftsinstrument benötige, um bestandsfähig zu bleiben (1992a: 188). Da die alleinige physische Zwangsgewalt als Grundlage von Herrschaft noch nicht ausreicht, muss dieser Zwang mit Konsens kombiniert werden, was in den Institutionen des erweiterten Staats, den Hirsch im Anschluss an Gramsci konzipiert, geschieht.

Der erweiterte Staat setzt sich zusammen aus einem repressiven Kern (organisierte physische Gewalt: Polizei, Militär etc.) und einem Geflecht massenintegrativer / ideologischer Apparate , die zusammen eine hegemoniale Apparatur ausbilden. Auf diese Weise gelingt es dem Staat, zum einen ein Kompromissgleichgewicht zwischen den zuweilen widerstreitenden Interessen der herrschenden Klassen herzustellen und zum anderen auf Basis seiner institutionalisierten Beziehungen zu den subalternen Klassen die repressiv-ideologische Massenintegration zu vollziehen. So ist der Staat “ – wenn man so will – die eigentliche ‚Partei des Kapitals‘ und im Prozeß der Regulation konkretisiert sich dessen Politik“ (Hirsch 1990: 45). Dabei verfügt der Staat als bloßes Institutionengebilde selbst über keine Macht, sondern ist vielmehr „der strategische Organisationsort der herrschenden Klasse in ihrem Verhältnis zu den beherrschten Klassen. Er ist ein Ort und Zentrum der Machtausübung, besitzt jedoch keine eigene Macht“ (Poulantzas 1978: 136). Indem er soziale Kräfte- und Klassenverhältnisse organisiert, kanalisiert und materialisiert, bilden sich letztlich die konkreten Formen der politischen Herrschaft heraus. Autokratien oder liberal-demokratische Regimeformen entstehen so als Ergebnisse eines kontingenten Prozesses der institutionalisierten Abstimmung antagonistischer Interessen innerhalb einer Vergesellschaftungsweise, die durch die Vorherrschaft einer (ökonomisch) dominierenden Klasse unter der strukturellen Notwendigkeit der Besonderung physischer Gewaltsamkeit gekennzeichnet ist. Es gibt Hinweise darauf, dass der parlamentarisch-demokratische Rechtsstaat eine Regimeform darstellt, die sich mit der hegemonialen Herrschaft des Kapitals am ehesten vereinen lässt, da hier weite institutionale Spielräume zur Herstellung von Kompromissgleichgewichten existieren, die zudem eine flexible und tiefgreifende Massenintegration ermöglichen (Hirsch 1990: 51, Jessop 1985: 65ff.). Nachteil dieser Regulierungsform ist die Hineinverlagerung von Konflikten in das staatliche Apparatesystem, was u.U. Ergebnisse produziert, die den Kapitalverwertungsinteressen entgegenstehen. Dennoch bedingt das Kräfteverhältnis der Klassen sowie der Akkumulationsmodus auch eine „Feinabstimmung“ innerhalb des politischen Apparate- und Institutionensystems, zumal der Staat und die konkrete Gestalt seiner Apparaturen Bestandteil des herrschenden Akkumulationsmodus und der Regulationsweise sind.

 

 

Regulationstheorie und Globalisierung: Internationale Regulation

Die Regulationstheorie beruft sich aus methodischen Gründen im wesentlichen auf das Primat des Nationalstaats und tendiert daher dazu, Entwicklung und Gesetzmäßigkeiten des globalen Kapitalismus aus den Augen zu verlieren, was sich nicht nur hinsichtlich des Verständnisses von immerhin über viele Nationalstaaten ausgebreiteten Entwicklungsmodellen, sondern insbesondere auch für die Diskussion der Globalisierung von Kapitalverhältnissen als theoretisch defizitär erweist. Im Zusammenhang damit stellt sich schließlich die grundsätzliche Frage, inwiefern überhaupt vom Modell des Nationalstaats als Konstitutionsort einer Entwicklungsweise weiter ausgegangen werden kann und ob Akkumulation und Regulation nicht räumlich mehrdimensional konzeptualisiert werden sollten, zumal von der These ausgegangen werden kann, dass die räumliche Dimension von Handlungszusammenhängen sozial produziert wird (Alnasseri et al. 2001: 27).

Während entscheidende Impulse für die Formierung internationaler Beziehungen von Regulationsprozessen auf nationaler Ebene abhängen, kann die Stabilität der nationalen Formationen nicht unabhängig von internationalen Akkumulations- und Regulationszusammenhängen gewertet werden. So hängt die Stabilität eines nationalen Akkumulations- und Regulationszusammenhangs auch von dessen Einbindung in internationale Akkumulationsstrukturen ab, deren Funktionsfähigkeit ihrerseits auf der Entwicklung nationaler Reproduktionszusammenhänge beruht (Hirsch 1993: 199). Während die politische Fraktionierung des Raumes (des Nationalstaates in Regionen / Länder / Kommunen, des internationalen Systems in Integrationsblöcke / Nationalstaaten) als Voraussetzung eines kapitalistischen Gesamtsystems verstanden werden kann, benötigen globale kapitalistische Prozesse zu ihrer Stabilisierung internationale Formen der Regulation, zumal die Internationalisierung ökonomischer Zusammenhänge die Formen der nationalstaatlichen Regulation untergräbt und neue Anforderungen an sie stellt (vgl. Candeias 2000: 355). Die Notwendigkeit der politischen Fraktionierung des „kapitalistischen Weltsystems“ ist nach Hirsch in der Möglichkeit der Ausbildung klassenübergreifender Koalitionen und korporativer Strukturen innerhalb der Nationalstaaten zu sehen, die aufgrund der internen Spaltung der Klassen durch die räumliche Gliederung vor dem Hintergrund der Sicherung nun subjektiv gemeinsamer und territorial definierter Konkurrenzvorteile entsteht (1995: 31ff.), zumal eine übergreifende Organisierung von Klasseninteressen kaum herzustellen ist: „Nicht ein einmal existierendes System von Staaten, sondern das Strukturprinzip einzelstaatlicher politischer Organisation ist eine Voraussetzung der globalen Kapitalakkumulation und der sie ermöglichenden Prozesse der Klassenregulierung“ (ebd. 34). So kann das hochmobile Kapital die unterschiedlichen Verwertungsbedingungen der territorial begrenzten „Standorte“ nutzen und gegeneinander ausspielen, wobei das Ausmaß der Kapitalmobilität keine Folge der Eigendynamik eines Globalisierungsprozesses darstellt, sondern eine politisch hergestellte Gegebenheit ist.

Das Verhältnis zwischen nationaler und internationaler Akkumulation muss dabei in der Weise gefasst werden, dass es in sich widersprüchlich ist und ein Artikulationsverhältnis zwischen den räumlichen Ebenen darstellt. Dabei sind institutionalisierte Regulationsmechanismen auch auf internationaler Ebene notwendig, da andernfalls auch das internationale kapitalistische System – zusammen mit den Nationalstaaten – durch Handelskriege empfindliche Nachteile zu erleiden hätte: „regular capital formation cannot be ensured without the existence of solid institutional frameworks capable of changing differentiations into stable principles of action for private agents and into imperative rules for state intervention“ (Mistral 1986: 181; zit. n. Robles 1994: 114). Die individuellen Handlungen der ökonomischen Akteure müssen also durch einen Rahmen aus Normen, Regeln, Zwängen und Institutionen aufeinander abgestimmt werden, der als Form der internationalen Regulation verstanden werden kann (Robles 1994: 115). Auf internationaler Ebene bilden sich institutionelle Formen heraus, in denen sich soziale Verhältnisse verdichten und materialisieren. Obgleich hier keine internationale politische Form existiert, entstehen so politische Institutionen „die weder direkter Ausdruck dominanter Staaten noch Instrumente der herrschenden Klassen oder einfach bloß funktional für die Kapitalakkumulation sind“ (Alnasseri et al. 2001: 28). Gleichwohl folgt die Ausbildung eines Systems der internationalen Regulation einem hegemonialen Muster, das als Resultat sozialer Kämpfe und als Verdichtung von Kräfteverhältnissen handlungsleitend für die Klassen auch in den räumlich untergeordneten Ebenen wird.

Diese Zusammenhänge verschärfen sich darüber hinaus durch die Internationalisierung von Handlungszusammenhängen nach dem Fordismus, die eine wachsenden Regulationsbedarf auf internationaler Ebene und eine zunehmende Bedeutung überstaatlicher Institutionen bei gleichzeitiger Einengung nationalstaatlicher Handlungsspielräume, insbesondere in den Bereichen der Wirtschafts- und Sozialpolitiken zur Folge hat. Verbunden damit ist eine Aushöhlung demokratischer Institutionen und eine Verlagerung von Entscheidungsprozessen auf Verhandlungsnetzwerke und internationale Organisationen (Görg / Hirsch 1998: 320f.).

 

 

Blinder Fleck oder Büchse der Pandora: Demokratie und Regulationstheorie

Der regulationstheoretische Ansatz beinhaltet keine explizite Demokratietheorie. Mehr noch, selbst auf demokratietheoretischem Terrain scheint letzterer auf den ersten Blick eher schwachbrüstig zu sein, zumal sich ihre Vertreter nur selten überhaupt mit Demokratie als Herrschaftsform befassen.

Analog zur materialistischen Staats- und Demokratieauffassung erscheint politische Demokratie als historisch kontingenter Modus der Interessenvermittlung, der durch die Apparate des Staats institutionalisiert und mit Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Produktion in einer von antagonistischen Klasseninteressen gekennzeichneten Gesellschaft organisiert wird. Demokratische Prozesse spielen sich innerhalb des (erweiterten) Staats ab, unter dessen Mantel sich die formaldemokratischen Institutionen (Parlament, Gewaltenteilung, Wahlen etc. im Kernbereich) sowie demokratierelevante zivilgesellschaftliche Einrichtungen (Schulen, Universitäten, Medien, Verbände etc. im Bereich der massenintegrativen / ideologischen Apparate) befinden und die gemeinsam als Staat die „materielle Verdichtung eines Kräfteverhältnisses“ (Poulantzas 1978: 114ff.) darstellen, als dessen Ausdruck politische Demokratie letztlich gewertet werden muss. Damit sind ihre jeweilige institutionelle Ausprägung und gesellschaftlich-kulturelle Fundierung stets kontingent und abhängig vom jeweiligen Akkumulations- und Regulationszusammenhang und finden schließlich ihre politische Form als Ergebnis eines sozialen Kompromisses antagonistischer Interessen. Herrschaft stellt sich in diesem Kontext weniger als Missverhältnis zwischen Selbst- und Fremdbestimmung dar, sondern als historische Form der kompromisshaft stabilisierten Klassenherrschaft, in der Legitimation nur sekundär über Partizipations- oder Leistungskriterien hergestellt werden kann, weil deren Wert (selbst in normativer Hinsicht) innerhalb der primären Legitimationsquelle, der hegemonialen Struktur, präformiert wird. Wenn also politische Demokratie zwar kein originärer Gegenstand der Regulationstheorie ist (oder zumindest einer unter vielen anderen ist), so liefert ihr Begriffsinstrumentarium – und hier insbesondere das neo-gramscianisch und staatstheoretisch erweiterte – umfangreiche und tiefreichende Analysemöglichkeiten. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Regulationstheorie keine impliziten normativen Zielkriterien für Demokratie besäße. Diese haben – bei aller anzunehmenden Heterogenität – emanzipativen Charakter und orientieren sich hauptsächlich an der Überwindung ökonomisch-sozialer und politisch-institutioneller Behinderungen demokratischer Prozesse (Hirsch 1995: 184) sowie am Eigenwert der individuellen und kollektiven Selbstbestimmung, zumal die kapitalistische Gesellschaftsordnung zwar nicht als überwindbar, so aber zumindest doch als gestaltbar gewertet wird.

 

 

Demokratie im Kontext der Regulation

Der konfliktorische Charakter sozialer Verhältnisse nimmt in der Regulationstheorie einen axiomatischen Rang ein; auf ihm baut sich das Theoriegebäude auf, das zwischen der Mikroebene interpersoneller Beziehungen in institutionalisierten sozialen Verhältnissen und der Makroebene nationaler oder gar internationaler kapitalistischer Reproduktionsmuster vermitteln will. Soziale Verhältnisse zeichnen sich zunächst durch der Regelmäßigkeit der spezifischen Interaktion aus (Lipietz 1985: 109f.), die sie von einer spontanen oder vorrübergehenden Interaktion abhebt. Eine weitere konstitutive Eigenschaft eines sozialen Verhältnisses ist seine Fähigkeit, sich zu reproduzieren und damit historisch fortzuschreiben, was die beteiligten Akteure zur Anwendung bestimmter und anschließbarer Handlungsmuster innerhalb des sozialen Verhältnisses bewegt (durch Ausbildung von Gewohnheit und Verinnerlichung von Normen) und zudem in die Lage versetzt, die aus dem Verhältnis resultierenden Handlungen von alter so zu empfangen, dass sie sinnhaft werden. Soziale Verhältnisse können zudem niemals isoliert existieren, da sie sich innerhalb einer gesamtgesellschaftlichen Totalität befinden, die im Falle einer kapitalistischen Gesellschaftsformation bestimmte determinierende Strukturmerkmale aufweist, die den komplementären Stellungen der Akteure innerhalb des Verhältnisses bestimmte antagonistische Prägungen verleiht. Widersprüchlichkeit und Antagonismen bestimmen so die gesellschaftliche Realität sozialer Verhältnisse, die sich dennoch beständig reproduzieren können. Dabei organisiert der Reproduktionsprozess die gestaltenden Strukturen des Verhältnisses ebenso, wie das Verhältnis selbst seine Reproduktion organisiert und seine Existenz somit perpetuiert. Seine Funktion ist die Steuerung von Interaktionen zwischen individuellen und kollektiven Akteuren, die durch eine generelles „Unterschieds-“ oder „Gegensatzgefälle“ gekennzeichnet sind, mit dem Ziel ihrer Vereinbarkeit, die durch Regulationsmechanismen näherungsweise hergestellt wird.

Trotzdem behält das soziale Verhältnis immer ein gewisses Maß an latenter Instabilität bei, wobei die regulativen Mechanismen selbst normabweichendes Verhalten und offen ausbrechende Interessengegensätze ausgleichen können. Gelingt dies nicht mehr, gerät das Verhältnis in die Krise (vgl. Lipietz 1998: 95f.). Bildet ein soziales Verhältnis schließlich ein regelmäßiges, kodifiziertes Muster aus, tritt es als institutionelle Form in die Grundlage der gesamtgesellschaftlichen Regulation ein und beschreibt somit die in konkreten Regelmäßigkeiten ausgedrückten historischen Besonderheiten der Vergesellschaftung (Görg 1994b: 112). Institutionelle Formen stellen schließlich in ihrer Gesamtheit die gesellschaftlich-institutionelle Einfassung des vorherrschenden Akkumulationsregimes dar und bilden so die Regulationsweise, die die Kompatibilität sozialer Praxen mit den makroökonomischen Mustern herstellt. Hier werden Prozeduren der Konfliktlösung sowie die Form der Transformation von Normen sozial organisiert und abgestimmt – auf demokratietheoretische Formeln gebracht, wird die Selbstbestimmung von Akteuren innerhalb eines kodifizierten und regelmäßigen sozialen Verhältnisses regelmäßig beschnitten, indem diese gezwungen werden „sich an die Logik bestehender Verhältnisse zu halten und die damit als Gesetze oder Kräfte mit Zwangsgewalt wirken“ (Lipietz 1998: 113). Diese Zwangsgewalt verliert ihren noch eigentümlich soziologischen Charakter, wenn der Staat als institutionelles Zentrum der Regulation in Erscheinung tritt und die Abstimmung zwischen Akteuren, die nun vermehrt kollektive sind, durch die staatlichen Instanzen und Apparate vor dem Hintergrund des Monopols physischer Gewalt vollzieht.

Dem Staat kommt so zunächst die Aufgabe zu, die durch unterschiedliche Interessen gekennzeichneten gesellschaftlichen Fraktionen, die ihrerseits auf sozialen Verhältnissen beruhen, so zu koordinieren und miteinander abzustimmen, dass kein der Akkumulationsweise widersprechender offener Konflikt ausbricht. Das gesellschaftliche Entwicklungsmodell eines Entsprechungsverhältnisses zwischen Akkumulations- und Regulationsweise, das im konkreten historischen Fall durch den Staat hergestellt und durchgesetzt wird, beruht demnach auf kohärenten Formen der Gewaltanwendung durch die Apparate des Staats, die – bei Zugrundelegung des gramscianischen Konzepts des erweiterten Staats – die massenintegrativen / ideologischen Apparate einbeziehen. Die regulative Herstellung von (wenn auch instabilen) Kompromissgleichgewichten erfordert stets die Einschränkung der Selbstbestimmung auf Seiten der subalternen Klassen, und diese wiederum ist abhängig von den sozialregulativen Ansprüchen des Akkumulationsmodells. Im politisch-administrativen Apparat, dem Parlament, der Ausgestaltung der Gewaltenteilung und anderen Aspekten und Instanzen des „inneren“ Staats werden die verbindlichen, repressiv-gewaltförmig unterlegten Regulationsmechanismen ausgehandelt, formuliert und politisch implementiert, wobei aufgrund der Instabilität des Kompromisses das Verhältnis zwischen dem Staat und demokratischen Institutionen selbst ambivalent bleibt.

In den massenintegrativen / ideologischen Apparaten vollzieht sich dagegen eine eher konsensual ausgerichtete Form der Regualtion, indem etwa das Bildungssystem relevante Werte, Normen und Fähigkeiten vermittelt, das Medienwesen beispielhafte Weltbilder und Identitätsvorlagen liefert und die Familie den emotional getönten Rahmen für gesellschaftliche Reproduktionsleistungen bereitstellt. Der bürgerliche Staat stellt also ein Konglomerat aus heterogenen Teilapparaten dar, zu seinem „(…) Herrschaftsapparat gehören in einem umfassen und funktional definierten Sinne die verschiedenen öffentlichen Verwaltungsbürokratien und ihre Untergliederungen, Regierungen, Parlamente, die Apparate der Parteien und Massenorganisationen, die ‚ideologischen Apparate‘ im engeren Sinn: Universitäten, Schulen, Kirchen, Masssenkommunikationsmittel“ (Hirsch 1974: 217). Innerhalb dieses „erweiterten“ politischen Systems, das auf Basis kapitalistischer Produktionsverhältnisse als historisch bestimmte Form der Herrschaftsorganisation fungiert, finden alle formalen und informalen demokratischen Prozesse statt, in ihre konkreten Gestalt treten sie als Ergebnisse konflikthafter Auseinandersetzungen sozialer Klassen vor dem Hintergrund des jeweiligen Akkumulations- und Regulationszusammenhangs in der Form institutionalisierter Kompromisse auf. Der Staat garantiert durch seine physischen Gewaltmittel die Form der Herrschaftsausübung, die im Hinblick auf die in einer Gesellschaftsformation dominierende Produktionsweise notwendig ist (vgl. Lipietz 1992b: 188). Während Parlament und Exekutive verfassungsmäßigen Regelungen unterliegen und sich infolge ihrer gesetzesförmigen und formellen Fundierung kaum transformieren lassen, findet, so kann als These formuliert werden, ihre Abstimmung im Regulations- und Akkumulationszusammenhang in der Form des Verhältnisses beider Instanzen zueinander und zu den ideologischen Apparaten statt.

Viele, auch in der sozialen Alltagspraxis ausgeübte und erlernte demokratische Praxen, angefangen von ihrem Erlernen in der örtlichen Pfadfindergruppe bis zu ihrer politisch-institutionellen Prozessierung durch Parteien und Verbände, gehören dem weiten Bereich der massenintegrativen / ideologischen (Staats-)Apparate an und unterliegen weniger rigiden formellen Bestimmungen, sie liefern und kanalisieren mithin das „Rohmaterial“ des durch Selbstbestimmung geprägten politischen Willens der Individuen und Kollektive und stellen seine (stets instabile) Kompatibilität mit Akkumulations- und Regulationszusammenhang her. Demokratische Prozesse vermitteln sich also durch die Apparate des erweiterten Staats und stehen so in direktem Zusammenhang mit der kompromisshaften Durchsetzung herrschender Interessen, orientieren sich also an einem hegemonialen Schema, das die ideologische Richtung vorgibt und Legitimation produziert.

 

 

Hegemonie und Legitimation

Innerhalb des sozialen Blocks, einem „stabile(n) System von Herrschaftsverhältnissen, Bündnissen und Zugeständnissen zwischen unterschiedlichen (herrschenden wie untergeordneten) gesellschaftlichen Gruppen“ (Lipietz 1991b: 678), finden die politischen Diskurse und Repräsentationen der Individuen und Kollektive statt; hier werden Interessen artikuliert, Meinungsverschiedenheiten diskutiert sowie Identitäten gebildet und modifiziert. Der soziale Block wird hegemonial, wenn es ihm gelingt, seine Interessen innerhalb eines übergeordneten gesellschaftlichen Ganzen zu universalisieren , sein Herrschaftsmechanismus beruht auf einem Kompromiss zwischen den herrschenden und den subalternen Klassen. Die Ausübung der Herrschaft geschieht über den Staat als Kristallisationszentrum (Poulantzas) der Klasseninteressen; in ihm materialisiert sich das hegemonial gewordene Interesse der herrschenden Klasse auf Basis der Regulationsweise, die auch den Konsens der Beherrschten herzustellen versucht, gestützt auf die physischen Gewaltsamkeit der repressiven Staatsapparate, die den „Konsens mit Zwang panzern“ (Gramsci). Dies wird selbst auf der Mikroebene (auch interpersonaler) sozialer Verhältnisse deutlich, deren Reproduktionsfähigkeit von einer grundlegenden Übereinstimmung der Akteure hinsichtlich der Legitimität des sozialen Verhältnisses und des (zuerst praktizierten und dann institutionalisierten) Kompromisses zwischen den antagonistischen Interessenlagen abhängt, die letztlich auch durch gewissermaßen gewaltförmige Zwangsmittel abgestützt wird.

Wie bei der interpersonalen Beziehung kommt es in größeren Vergesellschaftungszusammenhängen – und dort natürlich in höherem Maße – darauf an, dass die Diskurse, Identitäten, Interessen und Repräsentationen in einer bestimmten Weise strukturiert werden, die in möglichst hohem Maße mit den Erfordernissen der Produktionsweise kompatibel sind. Dieses soziale Paradigma ergänzt sich mit dem vorherrschenden Entwicklungsmodell in einer Weise, die den hergestellten Zusammenhang festigt. Nach Lipietz (1991b: 679) kann dieser relativ stabile Zusammenhang durch zwei Krisenmechanismen unterminiert werden. So kann innerhalb des sozialen Paradigmas ein Kampf über die Prinzipien der hegemonial garantierten Verteilungsgerechtigkeit entstehen, der auf die Verbesserung der Regulationsweise abzielt und die hegemoniale Ordnung als solche nicht gefährdet oder generell in Frage stellt. Ein anderer Fall wäre zum zweiten der Kampf gegen das hegemoniale Paradigma selbst, der im Zeichen anderer Identitäten, eines anderen Paradigmas, anderer lebensweltlicher Vorstellungen etc. auf die Ausbildung eines neuen hegemonialen Paradigmas abzielt. Die Bedeutung von Demokratie selbst ist somit abhängig vom herrschenden Paradigma, innerhalb dessen Definitionsbereich die Spielregeln gemäß hegemonial ausgehandelter Kompromisse stets neu ausformuliert werden und die zwischen zwei Paradigmen eine grundsätzliche Wandlung erfahren können, die aus der (einseitigen) Perspektive eines Paradigmas als ungeahnte Änderung wahrgenommen werden ; die hegemoniale Deutungsmacht verleiht den institutionalisierten Praxen schließlich die notwendige Legitimation, die zumindest solange gültig ist, bis die hegemoniale Struktur als solche in Frage gestellt und in krisenhaften Prozessen transformiert wird.

In diesem Sinne finden demokratische Prozesse auf dem weiten Feld der Zivilgesellschaft (im Sinne Gramscis) statt, die jedoch ihrerseits ein von den sozialen Strukturen und Gegensätzen der kapitalistischen Gesellschaft geprägtes Herrschaftsverhältnis darstellt (Hirsch 1995: 54), was bedeutet, dass Demokratie, verstanden als Möglichkeit der vom Regulationskomplex unabhängigen Selbstbestimmung, nur dann eine Chance hat, „wenn sie die herrschenden institutionellen Strukturen – also die gegebenen ökonomischen und politischen Formen, das Verhältnis von ‚Staat‘ und ‚Gesellschaft‘, von ‚Politik‘ und ‚Ökonomie‘ – praktisch in Frage“ (ebd.) stellt. Dies entspricht einer Demokratie „zwischen den Paradigmen“, mit der die überkommen Formen der Regulation und Hegemonie überwunden und durch neue ersetzt werden sollen. Die Infragestellung der herrschenden hegemonialen Struktur bedeutet damit gleichzeitig den Verlust der Legitimität der institutionalisierten Prozeduren und ihrer normativen Bestimmungen sowie aber auch den Aufbau neuer Legitimitätsressourcen, die aus einer neuen hegemonialen Struktur gespeist werden. Allerdings befindet sich der Staat als Zentrum dieses Prozesses selbst in einem unaufhörlichen Transformationsprozess, was die regulative Ausgestaltung demokratischer Prozesse entscheidend verändert und diese verstärkt den Dispositiven internationaler Regulation unterwirft. All dies verlangt letztlich nach einer Neudefinition des Demokratiebegriffs, in dem die vom kapitalistischen Verwertungs- und Reproduktionszusammenhang befreite Selbstbestimmung der Individuen im Zentrum steht und in der sich der „Widerspruch zwischen einer bloßen Regulation der kapitalistischen Gesellschaft und ihrer demokratischen Gestaltung“ (Görg / Hirsch 1998: 319) ausdrückt.

 

 

Demokratie und internationale Regulation

Das globale kapitalistische System stellt sich dar als „komplexe Verbindung nationaler Reproduktionszusammenhänge mit je eigenen Akkumulationsmodi und Regulationsweisen“ (Hirsch 1993: 198), in dem die nationalen Formationen als Ausgangspunkte dynamischer Veränderungsprozesse gewertet werden können. Die Stabilität der nationalen Formationen hängt dabei von ihrer kompatiblen Einbindung in globale Verwertungszusammenhänge ab, genauso wie deren Stabilität und Gestalt wiederum durch die nationalen Reproduktionszusammenhänge bestimmt wird. Das internationale kapitalistische System bildet so die Gestalt eines variablen sozialen Netzwerks aus (ebd. 199), in dem konkurrierende Nationalstaaten eine wesentliche strukturelle Grundlage für internationale Akkumulationsprozesse bilden, die so auf Basis unterschiedlicher regionaler Akkumulations- und Regulationsmodi ein hohes Maß an (global-)ökonomischer Rentabilität erhalten. Die mit der postfordistischen Akkumulationsweise typische verbundene Internationalisierung von Handlungszusammenhängen hat zur Folge, dass Nationalstaatlichkeit tiefgreifenden Transformationen unterworfen ist und sich, gewissermaßen als Gegenpol zum Verlust nationalstaatlicher Wirkmächtigkeit auf überterritoriale Regulierungsgegenstände, Institutionen der internationalen Regulation herausbilden, was nicht ohne Rückwirkungen auf demokratische Praxen und Institutionen bleibt, die im nationalstaatlichen Akkumulations- und Regulationskomplex ihren Ursprung haben. Eine Bedrohung nationaler Demokratien ist aus dieser Sicht zumindest deshalb möglich, weil die historisch relativ erfolgreiche und auch strukturell begründete Kombination von liberaler Demokratie und kapitalistischem Nationalstaat im Globalisierungsprozess zunehmend in Bedrängnis gerät (Görg / Hirsch 1998: 320). Zusätzlich führt die zunehmende Deregulierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen zu einer Unterminierung nationalstaatlicher Handlungsspielräume und damit zu einer Aushöhlung der demokratischen Institutionen, die durch eine tendenzielle Verlagerung von Entscheidungsprozessen auf Verhandlungssysteme und überstaatliche Organisationen nicht mehr ausgeglichen werden kann, da ihnen eine „institutionell und prozessual abgesicherte demokratische Legitimation fehlt (…)“ (ebd. 321).

Trotz der mannigfaltigen Internationalisierungstendenzen, der Inkongruenz von Entscheidungs- und Betroffenheitsräumen, der Minimierung nationalstaatlicher Handlungsspielräume infolge deregulierter Märkte sowie einer neuen Konstellation politischer Akteure in Form von Verhandlungssystemen unter unterschiedlicher Beteiligung politischer wie außerpolitischer Akteure bleibt der Nationalstaat konstitutives Element des internationalen Systems, so dass von seiner Erosion oder gar Bedeutungslosigkeit nicht die Rede sein kann (vgl. ebd. 320ff.). Die Transformation des Nationalstaats, die sich nach Jessop (1997; nach Görg / Hirsch 1998: 321) in a) einer Neuformierung der Beziehungen zwischen Staaten und nationalen Gesellschaften („Denationalisierung“), b) einem Übergang vom staatlichen Regieren (governement) zu gesellschaftlichen Steuerungsmodi der Regelungs- und Verhandlungsnetzwerke (governance – „Entstaatlichung“) und c) der Orientierung an den Erfordernissen der internationalen Regulation bei einem Vorrangstellung der systemischen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der nationalökonomischen Binnenorientierung („Internationalisierung“) ausdrückt, gefährdet den liberaldemokratische Modus der politischen Herrschaftsorganisation vor allem dadurch, dass eine Kongruenz von politischen Entscheidungs- und demokratischen Kontrollräumen nicht mehr gegeben ist (ebd. 323).

In diesem Szenario verliert der Staat trotz seiner Transformation keineswegs an Souveränität, da er als Ausdruck (politische Form) eines institutionalisierten Klassenkompromisses hinsichtlich seiner Wirkmächtigkeit abhängig ist von der historisch konkreten Gestalt des Kompromisses und des dahinterstehenden Kräfteverhältnisses. Die Ausdünnung der politischen Reichweite seiner formaldemokratischen Institutionen, wie etwa die relative Übermacht der Exekutive oder der hierzu komplementäre Bedeutungsverlust des Parlaments, stellt sich so als Regulierungsnotwendigkeit eines sich neu herausbildenden, vorwiegend global dimensionierten Akkumulationszusammenhangs dar und kann insofern als eine direkte Folge nachfordistischer Verwertungsmodi gewertet werden. Nicht übersehen werden darf auch die politische Konstitution ökonomischer Vorgänge, dernach „(ö)konomische Gesetzlichkeiten (…) in ihrer konkreten Gestalt immer vermittelt durch sie sichernde politische Institutionalisierungsformen“ (ebd. 325) sind, was darauf hinweist, dass die Transformation des Staats und die damit verbundene Prekarisierung der Situation demokratischer Praxen und Institutionen Ergebnis politischer Strategien überwiegend staatlicher Akteure ist, deren Handeln sich vor dem Hintergrund eines hegemonial abgestützten Klassenkompromisses vollzog und noch immer vollzieht. Die entstehenden Institutionen der internationalen Regulation können die so entstehenden „demokratischen Lücken“ aber nicht ausgleichen, da ihnen jede sozialstrukturelle, infrastrukturelle und legitimatorische Grundlage zum Aufbau demokratischer Strukturen fehlt, die Kraft ihrer Potenz nationalstaatliche politische Demokratie zu ersetzen in der Lage wären; ähnliches gilt für die zunehmend an die Stelle staatlicher Regierungspolitik tretenden Verhandlungssysteme, die insgesamt auch auf wackeligen legitimatorischen Beinen stehen, Entscheidungsprozesse intransparent machen und politische Verantwortlichkeit bei möglichst großer Problemlösungs-Effizienz verschleiern. Hierdurch verschiebt sich der Bereich staatlicher Regulierungstätigkeit, denn wenn bei einem Bedeutungsverlust des Parlaments und einer Abnahme effektiver Partizipationsmöglichkeiten das Werteberücksichtigungspotential des Staats abnimmt, folgt dieser in der Tendenz verstärkt den Interessen des internationalen Kapitals, die er gegenüber den nicht-mobilen Teilen der Gesellschaft als „Zwänge der kapitalistischen Standortpolitik immer härter und kompromißloser“ (Hirsch 1995: 118) durchsetzt. Staatliche Kerninstanzen und ökonomische Akteure werden in einer Weise vernetzt, „dass sich die Steuerungsfunktion der einen Seite mit der wirtschaftlichen Funktion der anderen Seite konkret treffen und sich so zu einer gleichgerichteten Kraft verbinden“(Candeias 2000: 356). Nicht mehr Konfliktfähigkeit ist gefragt, sondern Internationalisierungsfähigkeit mit Exit-Option (vgl. Baumann 2003: 141ff.).

 

 

Das demokratietheoretische Potenzial der Regulationstheorie

Obwohl es sich beim regulationstheoretischen Ansatz um keine explizite Demokratietheorie handelt, lassen sich aus seinem analytischen Instrumentarium umfangreiche demokratietheoretische Aussagen ableiten. Dabei erweist sich seine Intention, eine Periodisierung der kapitalistischen Gesellschaftsformationen vorzunehmen, als hilfreich bei der Analyse von Wandlungsprozessen, die sich sowohl in den gesellschaftlichen Institutionen der Regulation als auch im Staat selbst vollziehen. Die Überwindung der theoretischen Defizite der“klassischen“ französischen Theoriestränge durch staats-, hegemonie- und handlungstheoretische Ergänzungen (insbesondere durch Hirsch und Jessop) eröffneten dem Ansatz eine erweiterte theoretische Reichweite und eine Schärfung ihrer intermediären Konzepte, so dass nun die Verbindung zwischen Makro- und Mikroebene theoretisch befriedigender hergestellt werden kann.

Allerdings ist der Umgang mit dem Demokratiebegriff mit einigen Schwierigkeiten versehen: Aus der formellen Logik des Regulationsansatzes heraus betrachtet, stellt sich Demokratie als historisch kontingenter Modus der Interessenvermittlung dar, der durch die Apparate des Staats (im erweiterten oder integralen Sinne) institutionalisiert und mit Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Produktionsweise in einer von antagonistischen Klasseninteressen gekennzeichneten gesellschaftlichen Totalität organisiert wird. Damit sind jedoch zunächst keine normativen Zielwerte verbunden; selbst völlig entleerte und erodierte Demokratien erscheinen in dieser analytischen Perspektive als Resultat eines staatlich vermittelten Interessengleichgewichts, das hegemonial gestützt wird und mit einem konkreten kapitalistischen Vergesellschaftungs- und Reproduktionszusammenhang korrespondiert. Mit anderen Worten, Demokratie ist innerhalb kapitalistischer Gesellschaftsformationen in den weitesten Bereichen immer ein Teil der Regulationsweise und bleibt insofern ein Spielball des unter Bedingungen der Hegemonie ausgehandelten Klassenkompromisses; Demokratie bleibt somit immer an das Klassenverhältnis gebunden. Erst die Überwindung der kapitalistischen Vergesellschaftungsform würde Chancen zur Formierung einer Gesellschaft emanzipierter und selbstbestimmter Individuen eröffnen, was letztlich jedoch in eine Utopie münden würde. Um diese zu umgehen, gehen einige Theoretiker von Möglichkeiten aus, emanzipative und selbstbestimmte Lebensweisen innerhalb der kapitalistischen Vergesellschaftungsweise zu praktizieren und so etwa einer neuen postfordistischen Formation eine demokratischere Wendung zu verleihen. So gibt Lipietz (1998) zu bedenken, dass zwischen zwei sozialen Paradigmen die Möglichkeit bestehe, statt einer Entwicklung hin zu einem neuen, vereinacht als ausgesprochen neoliberal zu bezeichnenden Paradigma, dem liberalen Produktivismus , zu folgen, die Chance zu einer Trendwende genutzt werden könne, auf ein gemäßigt sozialliberales und ökologisch verantwortungsvolles Paradigma zuzugehen: „Dieser Weg [zum liberalen Produktivismus, FS] ist an der Wegkreuzung zum Ende des 20. Jahrhunderts nicht der einzig mögliche. Eine demokratische Alternative, die den Organizismus mit dem Abbau der Hierarchien verbindet und die Demokratie auf die Arbeitsorganisation und die Solidarität ausweitet, bleibt möglich“ (ebd. 693). Diese Möglichkeit der Trendwende in ein „alternatives Paradigma“ ist für Lipietz zum einen an eine internationale Ordnung gebunden, die den Nationalstaaten genügend Spielraum zur Formulierung eigener sozialer Kompromisse lässt und zum anderen „nicht-aggressiv“ in der Weise ist, dass sie sich hilfsbereit und offen gegenüber nationalen Einzellösungen verhält, die die Berücksichtigung nationaler Eigenheiten reflektieren (vgl. Robles 1994: 140ff.). Normative Erwägungen finden gewissermaßen erst auf einer zweiten Ebene statt, divergieren zwischen den einzelnen Theorievertretern und lassen sich aus deren Aussagen über Wege der Überwindung des grundsätzlich instabilen und tendenziell repressiven Regulationszusammenhangs ableiten .

Hinsichtlich der zentralen Problemkomplexe liefert die Regulationstheorie folgende Aussagen:

Zu: (i) Die Rolle des Staates hinsichtlich der Funktion seines Gewaltmonopols und dessen mögliche Indienststellung zu Zwecken gesellschaftlicher Herrschaft oder zu Zwecken der Begegnung von deren Folgen.

Der Staat wird nicht als „territorial souveräne, zentralisierte und bürokratische Steuerungsinstanz mit der generellen Fähigkeit zur Formulierung und Durchsetzung politischer Entscheidungen ‚top-down'“ (Görg / Hirsch 1998: 323) aufgefasst, sondern als objektiviertes soziales Verhältnis, das allen gesellschaftlichen Klassen als besonderter und mit dem Mitteln physischer Gewaltsamkeit versehener Apparat entgegentritt. Dabei stellt der Staat einen Kompromiss zwischen antagonistischen Klasseninteressen dar, der unter der Hegemonie der herrschenden Klasse materialisiert werden konnte. Der Staat kann also als „Staat mit hegemonialer Klassenführung“ (Poulantzas 1974: 140) bezeichnet werden. Innerhalb der Regulationsweise eines Entwicklungsmodells nimmt der Staat eine zentrale Stellung ein, wobei unter Zugrundelegung des gramscianischen Modells des erweiterten Staats nicht nur seine Kerninstitutionen (das „politische System“) hierin verwickelt sind, sondern gleichfalls die massenintegrativen / ideologischen Apparate. Der auf das Akkumulationsregime bezogene soziale Kompromiss wird in diesem instiutionellen Geflecht vermittels der Regulationsweise und gestützt auf ein hegemoniales Projekt zur konsensualen Stabilisierung hergestellt. Damit vollzieht sich gesellschaftliche Herrschaft in Form der Modellierung sozialer Verhältnisse durch hegemonial bestimmte Institutionenbildung, die einen in staatlich-gewaltförmig abgesicherten Kompromiss zwischen antagonistischen Klassen reflektieren.

Zu: (ii) Die Rolle der ökonomischen Akteure als seinerseits Gewaltmittel anwendendes oder staatliche Gewaltmittel usurpierendes Gesellschaftssegment

Die Überwindung der Dichotomie von Staat und Ökonomie sowie die Besonderung des Staats von den gesellschaftlichen Klassen bedeutet, dass eine Usurpation staatlicher Gewaltmittel durch ökonomische Akteure nicht stattfindet. Die physischen Gewaltmittel müssen beim besonderten Staat verbleiben, da die herrschende Klasse andernfalls in die Versuchung geraten könnte, sich das Mehrprodukt durch Mittel der unmittelbaren Gewaltanwendung anzueignen und die staatliche Stabilisierungsfunktion zu unterminieren.

Die Anwendung von Gewaltmitteln durch ökonomische Akteure (im durchaus physischen Sinne, wie etwa Sicherheitsdienste, Videoüberwachung etc.) können als Symptome der nach-fordistischen Formationskrise verstanden werden, in der zunehmende soziale Desintegrationserscheinungen infolge eines sich neu herausbildenden Akkumulations- und Regulationszusammenhangs und dem damit einhergehenden Nachlassen staatlicher Solidarität mit den Stabilitätsinteressen einer auf flexibilisierten und neo-tayloristischen Arbeitsorganisationen aufgebauten Produktionsweise kollidiert. Ohne einen übergreifenden Kompromiss und eine damit verbundene relative gesellschaftliche Homogenität vergrößert sich die Gefahr sozialer Auseinandersetzung und nicht kalkulierbarem Verhalten, was in letzter Konsequenz die Akkumulationsweise innerhalb einer globalen Konkurrenzsituation gefährdet.

Zu: iii) Die Rolle soziokultureller und sozialpsychologischer Bedingungsgrößen des demokratischen Prozesses.

Demokratische Prozesse als Formen institutionalisierter Interessenvermittlung sind Bestandteil der Regulationsweise und spielen sich vor dem Hintergrund eines hegemonialen Projekts ab. Dieses vermittelt sich über die massenintegrativen / ideologischen Staatsapparate und hat auf diese Weise Zugang zu sozialisierenden Einflüssen auf die Individuen, wodurch es die mentale Basis für die korrespondierende Form demokratischer Prozesse mitbestimmt. Die zur Reproduktion sozialer Verhältnisse notwendige Übereinstimmung über die Legitimität ihres Fortbestandes (Lipietz 1998: 87) vermittelt sich so in ihrer konsensualen Komponente durch das hegemonial geprägte „soziale Wissen“, in ihrer zwanghaften Komponente durch die Antizipation von Sanktionen, die sich ebenfalls auf dieses stützt. Diese Regulationsmechanismen sind dabei überwiegend an den nationalstaatlichen Raum gebunden, der im Kontext des fragmentierten internationalen Systems die Möglichkeit der Ausbildung klassenübergreifender Kompromisse erlaubt, die auf einer Identifikation mit den Zielen und Interessen des heimischen „Standorts“ einhergehen.

(iv) Die Rolle der Massenmedien in der Beförderung, Bildung und Reproduktion von Deutungsmustern hegemonialer Interessengruppen.

Massenmedien sind als Bestandteile des massenintegrativen / ideologischen Staatsapparats Kerneinrichtungen der Vermittlung hegemonialer Deutungsmuster, die sich auf den kompletten Regulationskomplex auswirken. Bedingt durch technologische Innovationssprünge sind Informationen in großer Zahl zu jeder Zeit und beinahe auch an jedem Ort erhältlich. Dabei prägen insbesondere Massenmedien die Deutung der Wirklichkeit in einem solchen Maße, dass sie selbst zu einem Ersatz der Wirklichkeit, zu einer „virtuellen Realität“ mutieren. Bezogen auf den politischen (und auch demokratischen) Prozess haben Massenmedien die Wirkung, dass sich dieser in immer stärkerem Maße der kommerziellen Funktionslogik der Massenmedien anpasst, wobei die verwertungsabhängige Selektivität eine für gezielte Desinformation sorgt: „Die Ausschlussmechanismen des sich ausbreitenden informationellen Konsummarkts wirken nachhaltiger und perfekter als politische Zensur dies je könnte. Die Bilder nächtlicher Raketenfeuerwerke sind nun mal eingängiger als die Vermittlung komplizierter historischer Zusammenhänge oder internationaler Abhängigkeits- und Machtstrukturen“ (Hirsch 1995: 150f.)

 

Literatur

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